Die Monatsbotin: Notizen aus dem vierten Stock // Dezember 2014

Hier kommt sie, die dritte Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg.

Wer sie ab jetzt nicht mehr verpassen will, der schickt eine kurze Mail an kontakt@karen-susan-fessel.de und schon landet die Monatsbotin ab der nächsten Ausgabe im virtuellen Briefkasten …

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Was war?

Zunächst einmal: Das Preisrätsel aus der letzten Monatsbotin ist gelöst! Es brauchte mehrere Anläufe, aber am Ende riet sie richtig: Eva Avellano aus der Nähe von Innsbruck. Sie war die einzige Rätselfreundin, die ahnte, dass die erste Übersetzung von „Bilder von ihr“ im kommenden Jahr Wirklichkeit werden könnte – und zwar ins Slowenische! Belohnt wird sie mit einem druckfrischen Exemplar gleich nach Erscheinen. Herzlichen Glückwunsch!

Rätseln musste auch ich selbst gleich am ersten November in Norderstedt bei Hamburg: Wer heißt wie? Die Namen von gleich 20 schreibfreudigen Neuntklässlern des Lise-Meitner-Gymnasiums galt es sich zu merken; das klappte gut, und ebenfalls gut klappte das Texteschreiben … Da kam Erstaunliches, Witziges und Nachdenkliches zustande, und auch die gutgelaunte Deutschlehrerin durfte mitmachen und war dann mit Feuereifer dabei. Ein gelungener Auftakt für die diesjährigen Kinder- und Jugendbuchwochen in Schleswig-Holstein, bei denen ich seit mehreren Jahren zu Gast bin, allerdings zum ersten Mal als Leiterin eines Schreibworkshops, eine besondere Freude für mich.

Zwei weitere Lesungen im Rahmen der Kinder- und Jugendbuchwochen führten mich dann zunächst in die Deutsche Bücherei ins dänische Sonderburg, wo die fünften bis achten Klassen der Deutschen Schule interessiert den Auszügen aus „Und wenn schon!“ oder „Liebe macht Anders“ lauschten und in lupenreinem Deutsch auch die eine oder andere Frage stellten. Die Schülerinnen und Schüler der Privatschule kommen zum Großteil aus deutschstämmigen oder deutschen Familien und werden von Anfang an zweisprachig unterrichtet, aber auch Schüler ohne deutsche Wurzeln, dafür aber mit Migrationshintergrund sind mit von der Partie. Diese sprechen dann in der Regel drei Sprachen, und das teils akzentfrei!

Zu zwei weiteren Lesungen ging es dann wieder nach Norderstedt, diesmal aber in die Stadtbücherei Mitte. Drei sechste Klassen der Gesamtschule Harksheide und dann die 9. und 10. Klasse der Horst-Embacher-Hauptschule waren zu Gast in der altbewährten Lesearena. Letztere – eher leseschwache SchülerInnen ab 14 Jahren – gelten gemeinhin als „schwieriges“ Lesepublikum, oft schwer zu begeistern und ablehnend, was so manchen Kollegen dazu veranlasst hat, vor diesen Klassenstufen grundsätzlich nicht zu lesen, auch wenn man Bücher für diese Altersgruppe im Programm hat. Meine Erfahrungen mit diesem Publikum sind bis auf wenige Ausnahmen durchweg sehr gut, entpuppen sich die SchülerInnen doch oftmals als höchst diskussionsbereit und interessiert, wenn sie entdecken, dass die Themen meiner Bücher tatsächlich mit ihnen und ihrer Lebenswelt zu tun haben.

Ob die Jugendlichen dann hinterher tatsächlich zu lesen beginnen, weiß ich nicht; die meisten vermutlich nicht, aber eben einige wenige schon. Ich glaube ohnehin nicht daran, dass man alle erreichen kann; aber wenn die Jugendlichen insgesamt aus so einem Vormittag mit dem Gefühl hinausgehen, ernst genommen und vielleicht auch ein wenig verstanden worden zu sein, dann bin ich schon ziemlich zufrieden. Und wenn der eine oder die andere dann doch noch nachlesen möchte, ob denn nun Leontine aus „Steingesicht“ tatsächlich mit Malin zusammenkommt … umso besser!

Eine der Schülerinnen erzählte übrigens hinterher, dass sie bereits das dritte Mal bei einer Lesung von mir war; das tat mir ja fast Leid, sie aber war begeistert und berichtete, dass sie in der 8. Klasse „Steingesicht“ (mein Jugendbuch über ein lesbisches Coming-Out) als Klassenlektüre gelesen hatte: „Einige aus meiner Klasse waren ein bisschen schockiert, aber die allermeisten fanden es toll, dass so ein Thema mal richtig angesprochen und dann auch noch im Unterricht behandelt wurde.“ Klar, dass mich das überaus freut! In solchen Momenten habe ich das Gefühl, dass das, was ich mache, genau richtig ist und Sinn hat. Oft genug hadere ich nämlich genau damit: mit der Frage nach dem Sinn des Bücherschreibens … Aber das gehört auch nach fast zwanzig Jahren Autorinnendaseins wohl dazu.

Diese Lesung war dann auch die letzte Lesung des Jahres aus den Kinder- und Jugendbüchern und damit der krönende Abschluss; die restlichen vier Lesungen des Jahres waren dann den Erwachsenen gewidmet. Am 17. November stellte ich in Hamburg im Café endlich und am 22. November im Wuppertaler Frauenzentrum urania „was du willst“ und „Liebe macht Anders“ vor, dazwischen am 20. November im Duisburger Kleinkunsttheater „Die Säule“ auf Einladung von LiDu Duisburg „Leise Töne“ und „was du willst“. Das erste und letzte Mal am gleichen Ort in Duisburg hatte ich übrigens 2010 am Vorabend der unglückseligen Love Parade noch Auszüge aus dem seinerzeit noch nicht erschienenen „Leise Töne“ gelesen; eine wunderbare Veranstaltung, im Nachhinein natürlich eine zwiespältige Erinnerung.

 

Die allerletzte Lesung des Jahres führte mich dann, wieder einmal in perfekter Begleitung, nach Wien in den Schwulen Buchladen Löwenherz, um die beiden aktuellen Neuerscheinungen „was du willst“ und „Liebe macht Anders“ zu präsentieren. Letzteres, der Jugendthriller um das Thema Intersexualität, hat gerade aufgrund der aktuellen Gesetzesänderung in Deutschland neue Aktualität gewonnen: Nun können zunächst Eltern offenlassen, welches Geschlecht ihr Kind hat, wenn dieses bei der Geburt nicht feststeht. Das betrifft ca. eines von 2000 Neugeborenen, eine für mein Gefühl erstaunlich hohe Rate in Anbetracht des großen Tabus, mit dem dieses Thema immer noch behaftet ist. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie persönlich von betroffenen Eltern gehört, und kennen gelernt habe ich bislang auch nur zwei Intersexuelle, obwohl es deutlich mehr sein müssen. Und nahezu alle, die ich kenne, kennen wiederum niemanden, der betroffen ist … Es herrscht also noch großer Aufklärungsbedarf. Vielleicht kann „Liebe macht Anders“ ein wenig dazu beitragen.

Eine bedauerliche Nachricht erreichte mich dazwischen, die mich immer noch beschäftigt: Nach 32 Jahren wird am Jahresende die altehrwürdige Frankfurter Frauenschule schließen. Barbara Köster, streitbares Urgestein der Frauenbewegung und redegewandte Alt-Achtundsechzigerin, hat trotz aller Bemühungen keine passende Nachfolgerin finden können, um den einstmals und immer noch wichtigen Ort gemeinsamen Denkens und Lernens von Frauen weiterzuführen. Ich persönlich war im Laufe der Jahre oft mit Lesungen und Workshops in der Frauenschule zu Gast und wünsche Barbara mit Dankbarkeit für ihre wichtige Arbeit alles Gute für den wohlverdienten Ruhestand – und viele Gäste auf der öffentlichen Abschiedsparty am 14. Dezember 2013, ab 18 Uhr in den Räumen der Frauenschule, Hohenstaufenstr. 8!

Und was kommt?

Ich selber werde leider nicht teilnehmen können, da ich an diesem Abend selber feiere … und zwar in meinen 49. Geburtstag hinein … in ungleich kleinerem, dafür aber sehr privatem Rahmen.

Und gut zwei Wochen später heißt es dann: Willkommen 2014 – und „Bronko, meine Frau Mutter und ich“, der neue Roman, der im Frühjahr im Querverlag erscheinen wird. Der Titel steht nach langem Ringen nun fest, das Titelfoto noch nicht, aber eins ist sicher: Hundefans mit Humor werden auf ihre Kosten kommen …

Im Monat Dezember gibt es keine öffentlichen Termine mehr, nur noch private … und vor allem eine Dauerverabredung mit meinem Schreibtisch, bis die letzten 40 Seiten von „Bronko“ geschrieben sind.

Achtung aber: Langsam füllen sich die Anmeldelisten für die Workshops im kommenden Jahr. Wer jetzt noch kein passendes Weihnachtsgeschenk für die Liebste(n) oder sich selbst hat, sollte vielleicht noch einmal auf www.lektorat-fessel.de nachsehen, ob nicht ein Workshop in Frage kommt. Bei Interesse bitte eine Mail an kontakt@karen-susan-fessel.de, und der persönliche Gutschein kommt noch rechtzeitig vor den Feiertagen!

Allen Leserinnen und Lesern eine schöne Adventszeit, ruhige Feiertage und ein prima 2014!