Die Monatsbotin Dezember 2015 // Notizen aus dem vierten Stock

Hier kommt die siebenundzwanzigste Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen und/oder selbst abonnieren:  Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie Monat für Monat im virtuellen Briefkasten ​…

 

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Was war?

Ein prall gefüllter Monat liegt hinter mir, der zunächst aber mit einem Misserfolg begann. Nein, nicht meinerseits, aber die geplante Zahnsanierung von Hund Luki, dem lebendigen Vorbild für die literarische Figur des Bronko aus meinem Roman „Bronko, meine Frau Mutter und ich“ gelang nicht. Die Narkose schlug bei Luki einfach nicht an, der kleine Hund blieb einfach wach und ließ nur eine äußerst eingeschränkte Zahnreinigung über sich ergehen. So reisten wir unverrichteter Dinge wieder zurück nach Berlin, wo ich dann am 11. November in der Kreuzberger Lenau-Schule gleich bei mir um die Ecke für die Fünftklässler aus „Und wenn schon!“ und anderen Werken las.

Fünftklässler waren auch am nächsten Vormittag bei zwei weiteren Lesungen in der Bezirkszentralbibliothek Tempelhof mein Publikum, und spontan sprang ich dort dann auch noch für eine erkrankte Kollegin zum Lesefest am selbigen Nachmittag ein. Um am nächsten Vormittag wiederum in der Stadtbücherei Lichtenrade für zwei sechste Klassen aus „Ein Stern namens Mama“ und „Achtung, Mädchen gesucht!“ vorzutragen.

Zwei Tage später ging es dann zu den Schleswig-Holsteiner Kinder- und Jugendbuchwochen: in den Stadtbüchereien Brunsbüttel und Neumünster las ich am 16. und 17. November für Viert-, Sechst- und Zehntklässler, um am 18. dann wiederum in der Realschule Maschstraße in Braunschweig dreimal vorzutragen und mit den Schülern zu diskutieren.

Nach einem kurzen Abstecher nach Berlin flog ich dann am 22. nach Zürich, um dort zum dreizehnten Mal auf Einladung des Volksschulamtes aus meinen Büchern für Kinder und Jugendliche in verschiedenen Schulen des Kantons zu lesen, diesmal besonders geballt: gleich fünfzehnmal in fünf Tagen!

Kaum zurück, ging es dann am 29. November in den Berliner Eisenherz-Buchladen, um beim Lesbischen Literatursalon als Stargast aus meinen Büchern zu lesen, dem Nähkästchen zu plaudern und kluge Fragen zu beantworten. Einen Buchtipp durfte ich dann auch noch anbringen: „Diffuses Licht“ des Hamburger Autors Olav Meyer-Sievers (siehe weiter unten in der Rubrik „Ausgelesen“).

Und dazwischen fand ich dann doch tatsächlich noch Zeit, mit dem Einlesen von „Bronko, meine Frau Mutter und ich“ zu beginnen, das spätestens im Februar dann als Download-Hörbuch zum Verkauf bereit sein soll. Und dazu begann ich mit einem sehr spannenden Lektorat, über das ich noch nicht allzuviel verraten kann. Nur soviel: Hundefans werden sich freuen …

Und was kommt?

Zu allererst morgen die letzte öffentliche Veranstaltung des Jahres: In den heiligen Hallen der Berliner Literaturwelt, dem Literarischen Colloquium in Berlin-Wannsee, moderiere ich ab 19h eine Veranstaltung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zum Thema „weiblich – männlich – fließend“. Gleich drei Autoren – Aris Fioretis, Thomas Meinecke und Jayrome Robinet – treten an, um literarische und vielleicht auch private Positionen zum obigen Thema zu erörtern. Das lässt Spannendes erwarten, und wer dann im Publikum tapfer durchgehalten (und womöglich auch selbst kluge Fragen gestellt hat hat!) hat, wird mit einem akustischen Plattenteller vom auch als DJ bekannten Thomas Meinecke belohnt.

Und dann steht natürlich das weitere Einlesen der Hörbücher an, dazu das oben erwähnte Lektorat, das Anfang Januar abgeschlossen sein wird. Dazwischen werde ich knackige 51 Jahre alt, die Feiertage stehen an, und wenn dann noch ein wenig Zeit bleibt, werde ich mich noch vor Weihnachten zwei neuen Exposés für zwei Jugendbücher und meinem privaten, seit mehreren Monaten auf Eis gelegten Romanprojekt für Erwachsene widmen. Also, faule Zeiten sind nicht in Sicht …

Einen entspannten Dezember wünscht Karen-Susan Fessel!

Öffentliche Termine im Dezember:  3. Dezember, Literarisches Colloquium Berlin, Am Sandwerder 5, Wannsee, 19h: Der literarische Salon der ADS: weiblichmännlichfließend, Gäste: Thomas Meinecke, Aris Fioretos, Jayrome Robinet. Moderation: Karen-Susan Fessel

Onlineworkshops: Der nächste Kreativ-Quickie beginnt am 4. Januar, ein späterer Einstieg ist ebenfalls möglich! Weitere Informationen und Anmeldung auch für die Workshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ sowie Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

Ausgelesen: Olav Meyer-Sievers: Diffuses Licht / Berührender Debütroman mit autobiographischen Zügen, der einen großen Bogen zwischen den Siebzigern und heute schlägt und einfühlsam von Verlust und Hoffnung erzählt. Von diesem Hamburger Autor, der erst in seinen Fünfzigern mit dem Schreiben begonnen hat, sind hoffentlich noch viele weitere Bücher zu erwarten. // Maike Maja Nowak: Wanja und die wilden Hunde. / Nicht nur ein Buch für Hundefreunde. Maike Maja Nowak, die „Hundeflüstererin“ mit eigener Fernsehserie, erzählt hier in klarer, weicher Sprache, wie sie auf den Hund kam. Und zwar auf den wilden Hund Wanja, der sich während ihres siebenjährigen Aufenthaltes in einem abgelegenen russischen Dort zu ihr gesellte. Neun weitere Hunde kamen nach und nach dazu, und so war die zivilisationsmüde junge Frau, die nach Ruhe und Einsamkeit gesucht hatte, auf einmal ganz und gar nicht mehr allein. Nowak beobachtet sehr genau das Wesen und Sozialverhalten ihrer Hundegruppe, die einem beim Lesen derart ans Herz wächst, dass der Abschied dann umso schwerer fällt. Ein erstaunlich anrührender dokumentarischer Roman, der lange nachhallt. // Solly Ganor: Das andere Leben. / Solly Ganor ist dreizehn Jahre alt, als deutsche Truppen 1941 in seine litauische Heimatstadt einfallen. Von diesem Tag an ist seine Kindheit vorbei, und eine grausame Odyssee beginnt – vom Ghetto Kaunas geht es in mehrere KZ, bis Ganor auf dem Todesmarsch aus dem KZ-Außenlager Landsberg fliehen kann und schließlich von einem japanisch-amerikanischen Soldaten gerettet wird. In Europa fasst der junge Mann nie mehr Fuß, wandert nach Israel aus und trifft 47 Jahre nach seiner Befreiung seinen Retter wieder. Erst dann findet er die Kraft, seine Geschichte aufzuschreiben. Bei der Lektüre dieses Buches habe ich (was bei mir fast nie vorkommt!) geweint; das Buch sollte Pflichtlektüre werden, und zwar nicht nur für SchülerInnen. // Götz Aly: Im Tunnel – Das kurze Leben der Marion Samuel 1931-1943 / Aly, Journalist Historiker und Autor zahlreicher hervorragend recherchierter Bücher zum Nationalsozialismus, erhielt 2003 den Marion-Samuel-Preis der Stiftung Erinnerung und machte sich erst danach daran, das nur elf Jahre währende Leben dieses – stellvertretend für all die namenlosen und vergessenen Opfer der systematischen Judenvernichtung ausgewählten – jüdischen Mädchens zu erforschen. Nur zwei Fotos existieren von Marion Samuel, mit seinem schmalen Buch hat Aly ihm ein einfühlsames Denkmal gesetzt. Noch über sechs Millionen weitere Lebensgeschichten wären es wert, ebenfalls erzählt zu werden; ich persönlich bin froh über jede einzelne, die ich lesen kann. //  Susanne Preusker: Sieben Stunden im April. / Ihre Geschichte hingegen machte Schlagzeilen: Die Gefängnispsychologin wurde 2009 von einem verurteilten Mörder an ihrem eigenen Arbeitsplatz als Geisel genommen und während ihres sieben Stunden dauernden Martyriums schwer misshandelt und immer wieder vergewaltigt. Danach war es ihr nicht mehr möglich, in ihrem Beruf zu arbeiten. Ihre Erfahrungen und Schlussfolgerungen präsentiert sie in diesem sehr persönlich, fast intim anmutenden Bericht, der wie ein gedämpfter Hilferuf wirkt. Am Ende kämpft sich die Autorin mit Mühe zurück in ein halbwegs normales Leben. Dieses Buch, so bleibt mein Eindruck, hat die Autorin ganz eindeutig für sich selbst geschrieben, und das ist völlig in Ordnung so. //  Clara Paul (Herausgeberin): Gedichte, die glücklich machen. / Und das machen sie wirklich, diese lustigen, komischen, irritierenden, seltsamen Gedichte von noch ganz jungen bis hin zu schon lange verstorbenen DichterInnen: eine Fundgrube für alle, die nur gelegentlich das unerschöpfliche Feld der Lyrik betreten. Gut ausgesucht!