Karen-Susan Fessels Dreimonatsbotin Nr. 5/2024 // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Hier kommt die fünfteAusgabe der Dreimonatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie je um den 15. des März/Juni/September/Dezember im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Der Frühling naht – und meine Lieblingsjahreszeit, der Winter, liegt gerade in den letzten Zügen. Was ich daran so mag, ist ja auch die größere Ruhe, aber die spiegelte sich diesmal im Weltgeschehen ja leider so gar nicht wider.  Privat schon gar nicht, denn Januar und Februar standen ganz im Zeichen des Todes eines mir sehr nahestehenden Menschen, infolgedessen ich auch meine beruflichen Pläne ändern musste.

Meine Lesereise nach Kloten (Schweiz) ans Schulhaus Spitz habe ich auf die kommende Woche verschoben, aber immerhin startete der neue Jahresworkshop „Leg los- schreib endlich dein Buch!“ wie geplant Ende Januar. Fünf Schreibfreudige werden nun über das Jahr hinweg unter meiner Leitung an ihren Buchprojekten feilen und sie vielleicht sogar zum Ende, auf jeden Fall aber ein ganzes Stück voranbringen – wie die sieben Teilnehmenden des letztjährigen Kurses, von denen vier sich für eine Verlängerung entschieden haben und mich in die freudige Lage versetzt haben, diese mir liebgewonnenen Menschen künftig auch alle zwei Monate wieder in den Zoomsitzungen vor mir zu sehen.

Mitte Februar bis Mitte März betrat ich dann mit der vertretungsweisen Übernahme zweier VHS-Grundbildungskurse Neuland und hatte viel Freude daran, mit den wechselnden Interessierten Sprech-, Sprach- und Spielübungen zu gestalten, um ihnen zu einer besseren Beherrschung der deutschen Sprache zu verhelfen. Angesichts der radikalen Kürzungen aber gerade in diesem Bildungs-Bereich ist fraglich, ob diese Kurse noch weiter stattfinden können.

Mein in Arbeit befindliches neues Bilderbuch für den Psychiatrie-Verlag habe ich noch einmal komplett überarbeitet, die Veröffentlichung ist für nächstes Jahr geplant, sodass die Illustrationen noch Zeit haben. Die mache natürlich nicht ich selbst – das wäre auch katastrophal! -, sondern ein*e professionelle*r Illustrator*in; zwei sind nun in der Endauswahl und ich bin gespannt, wer am Ende die Hauptfigur, den kleinen Pepe zeichnen wird …

Im kommenden Quartal dann warten einige Lesungen auf mich, so unter anderem am Berliner Rosa-Luxemburg-Gymnasium am 8. April, am 15. April bei den open dykes in Mannheim Plakat_Open Dykes, am 8. Mai in der Grundschule Menschenskinder in Schönwalde-Glien, am 3. Juni in der Berliner Stadtbibliothek Falkenhagener Feld und am 20. Juni in der Stadtbücherei Flensburg; noch dazu werde ich Ende Juni sechs Schreibworkshops für Kinder im Rahmen der Berliner Denkspielplätze leiten.

Und dazwischen geht es mit einem geliehenen Camper drei Wochen auf Reisen, entweder nach Schweden, Frankreich oder rund um Deutschland. Ich bin selbst gespannt, wohin es uns am Ende verschlagen wird …

Einen aufgeweckten Frühsommer wünscht Karen-Susan Fessel

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Online-Workshops: Die nächsten „Kreativ-Quickies“ starten am  3. April und 5. Juni. Informationen und Anmeldung auch für die weiteren Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

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Ausgelesen: Marion Poschmann: Die Winterschwimmerin. Verslegende. Suhrkamp, Berlin 2025 / Nein, es ist kein Roman, sondern ein ganz eigenes Genre: Das neue Werk der Berliner Schriftstellerin kommt als Verslegende daher und vereinigt eine spannende Mischung aus Prosa und Poesie, versetzt mit literarischen Verweisen und zwei weiblichen Hauptfiguren, die einander immer wieder die Fäden in die Hand geben. Thekla schwimmt auch bei eisigen Temperaturen in offenen Gewässern und erzählt mal in strenger, mal in lockerer gehaltener Versform von diesen intensiven Extremerfahrungen sowohl in körperlicher als auch mentaler, ganz gewiss aber fantastischer Hinsicht. Ein Tiger taucht dann auch noch auf, aber der spielt eine untergeordnete Rolle, denn die Hauptrolle übernimmt wie meistens in den Büchern der vielfach ausgezeichneten Autorin die Sprache selbst, in mannigfaltiger Form, mal leise daherkommend, mal sprachgewaltig, aber so manches Mal auch in eindringlicher Wucht. // ZEIT-Edition „True Crime“ – Die Wahrheit hinter 6 realen Verbrechen. Die Zeit, Hamburg 2024 / Hach, das war so richtig nach meinem Geschmack: sechs Romane zu sechs wahren Kriminalfällen, von denen mir fünf ausnehmend gut gefallen. Vor allem Peter Englunds „Mord in der Sonntagsstraße“, der den Mordfall an einem jungen Mädchen in einem Stockholmer Vorort aus dem Jahr 1965 beschreibt und die Suche nach dem Täter, der sich dann ganz überraschend als junger Mann aus Österreich entpuppt, hat es mir durch seine detailgenaue Sprache angetan, aber auch die „Soko Dreisam“ von Anne Grießer und „Im Kopf des Bösen“ von Axel Petermann und Petra Mattfeldt bestechen durch ihre Detailgenauigkeit und die tiefenpsychologische Schärfe. Nur „Der Fall Arbogast“ von Thomas Hettche hat mich mit seiner gekünstelt wirkenden Erzählweise geradezu genervt. Aber das ist natürlich Geschmackssache; insgesamt finde ich diesen Schuber höchst erfreulich und überzeugend, eine dicke Empfehlung für alle an Kriminalistik Interessierten.

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Unter der Lupe: Meine Werke

Nr. 11: Und wenn schon (2002)

„Frau Fessel, sitzen Sie? Tja, gute Nachrichten: „Und wenn schon“ ist für den Jugendliteraturpreis nominiert!“

Dieses Telefonat Anfang 2022 war nicht  nur eine große Überraschung, sondern der Durchbruch für meine Arbeit als Kinder- und Jugendbuchautorin. Denn die Nominierung von „Und wenn schon“, meinem dritten Buch bei Oetinger und dem leider auch schon letzten in Zusammenarbeit mit meiner grandiosen Lektorin Angelika Kutsch, die sich unmittelbar danach in die Freiberuflichkeit verabschiedete und mit der ich bis heute Kontakt halte, ebnete mir den Weg in die Welt der Schul- und Bibliothekslesungen im deutschsprachigen Raum und in Schulen und Universitäten in vielen weiteren Ländern. Die Geschichte von Manfred Hannemann, genannt Manne, der aus einer sehr armen und wenig wertgeschätzten Familie stammt und sich in vielerlei Hinsicht durchbeißen muss, ist immer noch das Werk, aus dem ich am meisten in Schulen vorlese, vielleicht auch, weil es mit seinem umgangssprachlichen Duktus gerade die vermeintlich lesefaulen Jungs zwischen 10 und 15 in seinen Bann zieht. „Und wenn schon“ wurde in fünf verschiedenen Versionen herausgegeben, vielfach neu aufgelegt und in mehrere Sprachen übersetzt. Ich kann es in großen Teilen auswendig und habe immer noch Spaß beim Vorlesen – und den Reaktionen des Publikums …

Und wenn schon. Roman. Erstausgabe Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2002, neueste Taschenbuchausgabe BOD, Norderstedt 2021. Auch als E-Book erhältlich. 

Karen-Susan Fessels Dreimonatsbotin Nr. 4/2024 // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Hier kommt die vierte Ausgabe der Dreimonatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie je um den 15. des März/Juni/September/Dezember im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Herbst und Winter – meine Lieblingsmonate. Die hatten bzw. haben es diesmal in sich, denn der Oktober bescherte mir zum zweiten Mal in diesem Jahr eine heftige Corona-Attacke, genau sieben Monate nach der ersten. Und wieder, wie schon im März, erkrankte ich exakt zwei Tage nach meiner Lesung in der Janusz-Korczak-Bibliothek in Berlin-Pankow, wohin die 8. Schnelllerner-Klasse des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums mit einer Lesung aus „Blindfisch“ und „Einfach nur Noni“ geladen war. 

Infolgedessen musste ich die lang geplante Lesereise nach Schwaben absagen,  konnte sie dann jedoch glücklicherweise einen Monat später nachholen. Vorher aber startete dann der elfte Online-Workshop „Gut leben mit HIV“, den ich für die Aids-Hilfe NRW leite. Zehn Betroffene haben sechs Wochen lang immer dienstags per Zoom die Gelegenheit, unter meiner Anleitung spannende, bewegende und oft auch erheiternde Texte zu verfassen und zu präsentieren, die sich mit der eigenen HIV-Infektion und deren Folgen befassen. Das macht uns allen ungeheuer viel Freude, und so hoffe ich, dass der Workshop im kommenden Jahr eine Fortsetzung finden kann, in Zeiten radikaler Kürzungen im Kultur- und Gesundheitsbereich natürlich eine zarte Pflanze, diese Hoffnung …

Vor der Reise in den Süden aber lag dann erstmal eine in den Norden; anlässlich der Schleswig-Holsteiner Kinder- und Jugendbuchwochen hatte ich das Vergnügen, Kinder der Klassenstufen 3 bis 6 in Schulen und Bibliotheken in Kiel, Gettorf, Eutin, Flintbek und Husum zu „belesen“. Immer eine feine Sache, und ich reise ja auch liebend gern durch mein schönes Geburts-Bundesland!

Und pünktlich zu meiner Reise nach Baden-Württemberg erschien dann auch passenderweise ein von mir lektoriertes Werk, das muntere Kinderbuch „Mia und Milli Bd. 1 – Kommt Mia an?der Hohenloher Autorin Angelika Kreidler, in dem durch die Augen der 8-jährigen Mia allerhand Wissenswertes über die Region Oberschwaben vermittelt wird. Kreidlers Erstlingswerk wird nicht das einzige bleiben, Band 2 ist schon in Arbeit.

Lektorate und Workshops, vermehrt auch Online-Workshops, sind zwei Bausteine meiner schriftstellerischen Arbeit, denen ich mich in den vergangenen Jahren vermehrt widme, weil sie mir sehr viel Freude machen. Die intensive Arbeit an fremden Texten und der direkte Kontakt mit den Teilnehmenden der Online-Workshops sind Komponenten, die meine Arbeit immer wieder neu gestalten und abwechslungsreich machen, ein prima Kontrapunkt zu der stillen, einsamen und kreativen Arbeit am Schreibtisch, auf den ich nicht mehr verzichten möchte.

Umso mehr freue ich mich auf die kommenden Workshops im neuen Jahr,    in dem ich den jetzt gerade zu Ende gehenden wunderbaren Jahresworkshop „Leg los – schreib dein Buch!“ wieder neu anbieten werde, dazu den Jahresworkshop „Biografisches Schreiben für Frauen“, aber auch die bewährten Online-Workshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ sowie den „Kreativ-Quickie“ und das individuelle Schreibcoaching. Wer also noch ein passendes Weihnachtsgeschenk für sich selbst oder andere sucht, wird hier garantiert fündig!

Aber nun ging es dann endlich doch noch auf die Schwäbische Alb nach Geislingen an der Steige, wo der umtriebige Stadtbibliothekar B. Decker dann tatsächlich die acht ausgefallenen Lesungen noch unter Dach und Fach brachte. Zahlreiche Klassen der Stufen 3 bis 6 des örtlichen Michelstein- und Helfensteingymnasiums und der Linden- wie auch der Uhland-Grundschule kamen so in den Genuss meiner Lesungen, die ich, zum vierten Mal in Geislingen zu Besuch, auch diesmal wieder in sehr guter Erinnerung behalten werde. Dasselbe gilt auch für die danach angeschlossenen Lesungen in Untergruppenbach, Lehrensteinsfeld und Unterheinriet für die 2. bis 4. Klassen, natürlich auch wieder durch eine engagierte Bibliothekarin, Frau Friedle, organisiert.

Das war es dann für dieses Jahr mit dem Veranstaltungsreigen, jetzt gönne ich mir, mit Ausnahme der weiterlaufenden Workshops, eine Pause und werde erst mal – ich kann es immer noch nicht so recht glauben – 60. Und zwar am 15. Dezember. Nicht schlecht, oder? Das will und muss gefeiert werden, gerade angesichts der frustrierenden Weltlage. In diesem Sinne:

einen friedlichen Winter wünscht Karen-Susan Fessel

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Online-Workshops: Die nächsten „Kreativ-Quickies“ starten am  3. Februar und 3. März, die Jahresworkshops „Leg los“ am 28. Januar, „Biografisches Schreiben für Frauen“ am 4. Februar,  Informationen und Anmeldung auch für die weiteren Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

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Ausgelesen: Daniela Krien: Mein drittes Leben. Roman. Diogenes, Zürich 2024 // Linda hat sich zurückgezogen: aufs Land, in die Einöde, wo es still und einsam ist und nur ein Hund ihre Nähe sucht – und dann eine Frau mit ihrer schwerstbeeinträchtigten Tochter. Den einzigen, der weiterhin nach ihr sucht, weist sie zurück, zunächst – denn er erinnert sie an das Ereignis, vor dessen Folgen sie aufs Land geflohen ist: den Unfalltod ihrer Teenager-Tochter. Wie Linda nach und nach ins Leben zurückkehrt und wie wenig sich Trauer am Ende verarbeiten lässt, dass erzählt die aus Mecklenburg-Vorpommern stammende, hervorragende Erzählerin Krien in ihrem neuen, sehr leise daherkommenden und doch äußerst mitreißenden Roman. // Ron Leshem: Feuer. Israel und der 7. Oktober. Roman, Rowohlt, Berlin 2024 / Mittlerweile ist eine ganze Reihe von Büchern zum 7. Oktober, dem Massaker der Hamas an zahllosen Israelis und der anschließenden Geiselnahme von über 240 Menschen erschienen, und ich habe fast alle gelesen – aber dieses hier möchte ich besonders empfehlen. Leshem, in New York lebender Journalist, beschreibt den Tag und seine weitreichenden Folgen extrem persönlich und fulminant sachlich zugleich, ein höchst gelungener Balanceakt, der mich aufgewühlt, ratlos und dennoch hoffnungsvoll zurücklässt. Danke! // Dorit Linke: Mats und Rea drehen am Rad der Geschichte. Bd. 1: Die Telefonzelle. matsundreabooks.de, Berlin 2024 / Die Berliner Autorin Dorit Linke ist in Rostock aufgewachsen und damit natürlich in der DDR – und genau das macht sie mit großem Erfolg zum Thema ihrer vielfach prämierten Kinder- und Jugendbücher. Nach der aktuellen Verfilmung ihres Jugendromans „Jenseits der blauen Grenze“ widmet Linke sich nun einer ganzen DDR-Kinderbuchreihe, und gleich in Band 1 wird es spannend: Mats und Rea werden aus dem Jahr 2024 in eine Telefonzelle im Jahr 1985 zurückkatapultiert – und müssen sich nun erstmal in diesem seltsamen, untergegangenen Land zurechtfinden. Doch dann gerät alles in Aufruhr: In Thüringen schrillt der Alarm, und dann ist da noch Peggy, die so seltsam verloren wirkt … Linkes ungekünstelte, sich nie anbiedernde Sprache begleitet die kurzweiligen Abenteuer ihrer kindlichen Helden auf so amüsante Art, dass dabei gar nicht auffällt, wieviel Wissen sie zugleich über die DDR vermittelt. Ein lange überfälliges Werk, das gekonnt den Bogen in die Vergangenheit schlägt, die Wendezeit in den Blick nimmt und dabei nie in die Falle der Ostalgie tappt. Sehr gelungen!

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Unter der Lupe: Meine Werke

Nr. 10: Steingesicht (2001)

1996 erhielt ich das erste Stipendium in einer langen Reihe von folgenden, nämlich jenes im Künstlerdorf Schöppingen, wo ich dann sieben äußerst prägende Monate verbrachte, „Bilder von ihr“ zu Ende schrieb und „Out“ begann. Im Jahr danach folge das Alfred-Döblin-Stipendium im Günter-Grass-Haus im schleswig-holsteinischen Wewelsfleth, das ich nutzte, um „Out“ fertigzustellen und den Erzählband „Was ich Moira nicht sage“ zu verfassen. Besonders gut aber ist mir ein Tag dort in Erinnerung, an dem ich wie in einem Guss das Exposé für mein geplantes Jugendbuch herunterschrieb, es einmal durchlas und dann sofort abschickte. Und zwar an die Stiftung Preußische Seehandlung, die ein gut dotiertes Kinder- und Jugendliteraturstipendium ausgeschrieben hatte. Das mir dann auch zugesprochen wurde, allerdings nutzte ich es im kommenden Jahr, um „Ein Stern namens Mama“ zu schreiben. „Steingesicht“ musste noch ein wenig warten, so recht traute ich mich damals noch nicht an die Geschichte der 15-jährigen Leontine heran, die nach dem Tod ihrer drogengebrauchenden Mutter aus Berlin zu ihrer lesbischen Tante aufs Land ziehen muss, dort überall aneckt und am Ende noch feststellt, dass sie selbst sich nicht für Jungs, sondern Mädchen interessiert.

Wer mir entschieden zusprach, war meine damalige wunderbare Oetinger-Lektorin Angelika Kutsch, die alle meine Einwände, das Thema sei vielleicht doch zu heikel für einen großen Publikumsverlag, mit Verve beiseiteschob. „Natürlich kannst du das schreiben! Du musst es sogar schreiben!“, rief sie bei einem unserer Gespräche fast wütend aus, und so entspannte ich mich schließlich und schrieb dann genau das Buch, das ich als Jugendliche gern gelesen hätte, einen Coming-Out-Roman, der die jugendliche, rebellisch-trotzige Hauptfigur immer mit Liebe und Respekt in den Blick nimmt. Noch heute hat dieser Roman einen ganz besonderen Stellenwert für mich, vor allem dann, wenn ich auf meinen Lesereisen oder sonstigen Unternehmungen junge „Leontines“ entdecke, die mit der gleichen verletzlich-zornigen Haltung in die Welt zu sehen scheinen. Diese „schwierigen“ jungen Menschen sind mir ein besonderes Herzensanliegen, und ich habe großes Verständnis für ihr kratzbürstiges Auftreten, mit dem sie sich oft keine Freunde machen.

Steingesicht erhielt mehrere Auszeichnungen,

2005 dann den Taiwan Book Award, was unter anderen dazu führte, dass der Roman seither zum Kanon der Schulliteratur in Taiwan gehört und auch hierzulande oft in den 8. und 9. Klassen gelesen wird.

Und ich habe gelernt, dass ich die besten Exposés immer in einem Rutsch schreibe – bis heute!

Steingesicht. Roman. Erstausgabe Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2002, Taschenbuchausgabe Querverlag Berlin, 2012.

Karen-Susan Fessels Dreimonatsbotin Nr. 3/2024 // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Hier kommt die dritte Ausgabe der Dreimonatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie je um den 15. des März/Juni/September/Dezember im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Der Hochsommer hat sich soeben verabschiedet, passend zum Start in die Herbstsaison. Allerdings waren die vergangenen drei Monate ziemlich turbulent und von vielen sehr unterschiedlichen Veranstaltungen geprägt. Nachdem ich leider krankheitsbedingt die Lesung beim Bahnhofsfest Hangelsberg am 23. Juni absagen musste, liefen die Schreibworkshops im Rahmen des Festivals „30 Jahre Theater Morgenstern“, dann nahtlos an. Mit einer 6. Klasse des Friedrichshainer Dathe-Gymnasiums, einer 7. Klasse der Sekundarschule Wilmersdorf und Kindern des 5./6. Schulbesuchsjahres der Förderschule am Mummelsoll in Hellersdorf entwickelte ich gemeinsam mit zwei Theaterpädagoginnen Geschichten zum Thema Kinderrechte, die jetzt im September vom Theater-Ensemble spielerisch umgesetzt werden. Ein Workshop mit einer fünften Klasse der Askanier-Grundschule in Spandau ist noch dazugekommen; auf die entsprechenden Aufführungen bin ich sehr gespannt: Termine hier.

Ende Juli dann leitete ich nach einem Jahr Pause zu meinem großen Vergnügen wieder zwei halbwöchige Schreibworkshops im Rahmen der Sommerakademie in der niedersächsischen Akademie Waldschlösschen; für die ich im kommenden Jahr gemeinsam mit Ulli Klaum auch die pädagogische Leitung übernehmen werde – eine Aufgabe so ganz nach meinem Geschmack: Organisation, Moderation und Leitung, eine spannende Kombination. 

Im Rahmen des Magdeburger CSDs hielt ich dann am 20. August eine Lesung in der Stadtbücherei aus „Einfach nur Noni“ , gut besucht und hinterher viel diskutiert, genau wie die nächste Lesung am 8. September im B89 in Falkensee. Den Abschluss der Sommerlesungen bildeten dann die drei Lesungen am Hannah-Arendt-Gymnasium in Barsinghausen,  wo ich gleich alle fünf siebten Klassen begrüßen und – laut schuleigener Homepage, Beitrag hier – erfreuen durfte. 

Dazwischen lief dann auch der Jahresworkshop „Leg los – schreib endlich dein Buch!“ weiter, den ich auch im kommenden Jahr wieder neu anbieten werde. Wer Interesse hat, darf sich gern jetzt schon unter kontakt@karen-susan-fessel.de informieren und auf die Liste setzen lassen, genau wie die Interessenten am Jahresworkshop Biografisches Schreiben. Weitere Informationen dann in der nächsten Dreimonatsbotin!

Und ja, geschrieben habe ich auch, nämlich die Erstfassung des Bilderbuchs für den Psychiatrie-Verlag, das im kommenden Jahr erscheinen wird. Das Thema ist derart ungewöhnlich, dass ich es, wie so oft im Verlagsgeschäft, nicht einmal ansatzweise verraten darf. Nur, das es sich um Kinder dreht, aber das ist ja im Hinblick auf ein Bilderbuch kein Wunder …

Ob meine beiden Grundbildungs-Deutschkurse an der Berliner Volkshochschule in Charlottenburg-Wilmersdorf stattfinden werden, steht noch nicht fest; freuen würde es mich natürlich sehr, künftig Lesen und Schreiben auf einem neuen Niveau unterrichten zu dürfen. Wer weiß, ob daraus nicht in Zukunft ein neues Standbein wird.

Und dann geht auch die neue Lesungssaison wieder los – mit einer Lesung in der Ingeborg-Drewitz-Bücherei in Berlin-Steglitz am 17. September, einer weiteren in der Pankower Janusz-Korczak-Bibliothek am 15. Oktober, gefolgt von mehreren Lesungen in der Woche darauf im schönen Geislingen an der Steige, organisiert von der dortigen Stadtbücherei, an die sich weitere Lesungen in Untergruppenbach, Unterheinriet und Lehrensteinsfeld anschließen.

Im November dann geht es nach Schleswig-Holstein, wo ich in Flintbek, Kiel, Eutin, Gettorf und Husum in den dortigen Büchereien im Rahmen der Kinder- und Jugendbuchwochen lesen werde.

Dann aber reicht es auch wieder mit den Veranstaltungen, denn schließlich möchte ich so langsam mit meinem neuen Buch beginnen. Wobei ich noch entscheiden muss, ob ich zuerst das geplante Jugendbuch oder das für Erwachsene schreiben werde. Eine ziemlich süße Qual der Wahl … und dann bereite ich mich natürlich auch auf meinen nächsten runden Geburtstag vor, der genau auf den geplanten Erscheinungstag der nächsten Dreimonatsbotin fallen wird. Denkwürdige Ereignisse also noch in diesem Jahr!

Einen freundlichen Herbst wünscht Karen-Susan Fessel

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Online-Workshops: Der nächste Kreativ-Quickie startet am  1. Oktober; Informationen und Anmeldung auch für die Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

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Ausgelesen: Christoffer Carlsson: Wenn die Nacht endet. Roman. Kindler, Hamburg 2024 // Südschweden 1999. Ein 18-Jähriger wird erschlagen, und die Polizei tappt im Dunkeln. Dann wächst Gras über die Sache – bis der jüngere Bruder des Opfers ebenfalls ermordet wird. Und ein junger, ambitionierter Polizist den Fall wieder aufrollt … Den Schwedischen Krimipreis 2023 hat Carlsson für meine Begriffe auf jeden Fall sehr verdient erhalten: Mit „Wenn die Nacht“ endet, dem dritten Band seiner vielgelobten Halland-Krimi-Reihe, ist ihm ein bemerkenswert bewegender und spannender Roman gelungen. Zwischenmenschliche Beziehungen, Abgründe in jeder Hinsicht und Lebenslügen spinnt der schwedische Autor zu einem dichten Geflecht aus verschiedenen Erzählsträngen, die allesamt über das brüchige Fundament der kleinen Gemeinde hinwegtragen – hin zu einem überraschenden Ende.  Perfekt für kühle Herbstabende. // Chris Whitaker: In den Farben des Dunkels. Piper, München 2024 / Patch, 13, ist nur mit einem Auge geboren und sozusagen von Geburt an Pirat – und seine beste Freundin Saint das famose Gegenstück; schräge Bienenzüchterin und clevere Lebenskünstlerin. Dann aber wird Patch entführt, und Saint macht sich auf die Suche nach ihm. Was sie am Ende beide finden, ist nicht Glück und Erfüllung, sondern ein weiterer Reigen an nie gelösten Fragen. Whitaker spinnt einen ganz großen, sehr fantasievollen Bogen, über Jahrzehnte hinweg, und überspannt ihn dabei so manches Mal. Spaß macht es aber immer, diese wuchtige, epische Saga zu lesen, denn vor allem die tragische Figur der Saint fesselt stets von neuem.

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Unter der Lupe: Meine Werke

Nr. 9: Nur die Besten! (2001)

Das Jahr 2000 war das erste von bislang vier Jahren innerhalb meiner schriftstellerischen Tätigkeit, in dem kein neues Buch von mir erschien – dafür kamen dann im Folgejahr gleich zwei Romane heraus, der Coming-Out-Jugendroman „Steingesicht“ – mehr dazu in der nächsten Dreimonatsbotin – und „Nur die Besten!“. Erstmals erschien eines meiner Bücher als Original-Taschenbuchausgabe im Piper Verlag, der schon meine beiden Hardcover „Bilder von ihr“ und „Was ich Moira nicht sage“ ins Programm genommen hatte. Sehr prägend in Erinnerung habe ich die Tatsache, dass ich mich mit dem Umfang verschätzt hatte und die Lektorin in der Folge lange damit beschäftigt war, die Absätze zusammenzuziehen, um Seiten einzusparen. Das habe ich mir gemerkt und seither immer genau auf die im Vertrag festgehaltene maximale Seitenanzahl eines künftigen Werkes geachtet.

„Nur die Besten!“ erzählt von einer fiktiven Stipendienstätte im Emsland, auf der ein Dutzend Bildende Künstler*innen und Literat*innen ihr Unwesen treiben. Kunst, Liebe, Erotik, Tod, Komik, all das spielt eine wesentliche Rolle in diesem ziemlich heiteren Roman, in dem ich das erste Mal in Richtung Tragikomödie arbeitete, was mir sehr großen Spaß machte. Ein Teil meines Lesepublikums, der Gefallen an den tiefgründigen Thematiken, die ich bis dahin fast ausschließlich bearbeitet hatte, gefunden hatte, war ein bisschen enttäuscht ob der amüsanten Note, die in „Nur die Besten!“ Einzug gehalten hatte. Ich selbst aber war und bin immer noch erfreut darüber, dass mir auch das vergnügliche Fach liegt, und der Umstand, dass ich für die Stipendienstätte einen real existierenden Ort, nämlich den nahe meiner Heimatstadt Meppen gelegenen Cuntzhof, literarisch umgewidmet und damit auch dem freundlich-schlichten Menschenschlag dieser Gegend ein Denkmal gesetzt hatte, machte mir noch größeren Spaß.

Der Roman wurde dann 2005 im Berliner Querverlag neu aufgelegt und ist bis heute erhältlich.

Nur die Besten. Roman. Erstausgabe Piper Taschenbuch, München 2001, Neuausgabe Querverlag Berlin, 2005.

Karen-Susan Fessels Dreimonatsbotin Nr. 2/2024 // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Hier kommt die zweite Ausgabe der Dreimonatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie je um den 15. des März/Juni/September/Dezember im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Der Frühling ist rum, und der Sommer ist da – zum Glück (noch) nicht so heiß wie in den vergangenen Jahren.

Das ist auch gut so, denn bei meinen verschiedenen Veranstaltungen seit Mitte März, dem Erscheinen der ersten Dreimonatsbotin, hätte ich extreme Temperaturen nicht gebrauchen können. Vor allem nicht, weil ich unmittelbar nach meiner ersten Schullesung für die 8. Schnelllernerklassen des Berliner Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in der Pankower Janusz-Korczak-Bibliothek zum zweiten Mal von Corona erwischt wurde und im Anschluss gleich knapp  drei Wochen flachlag. 

Frisch genesen, las ich am 4. April in der Berliner Seniorenresidenz Palais am Katharinenhof aus „Mutter zieht aus„, um mich dann am Montag darauf meinem um zwei Wochen verschobenen Jahresonlineworkshop „Leg endlich los – schreib dein Buch!“ zu widmen.  Sieben hochmotivierte Teilnehmer*innen arbeiten dabei konzentriert mit mir an ihren verschiedenen Buchprojekten, eine wahre Freude!

Und bevor die mittlerweile zehnte Neuauflage des Online-Workshops für die Aids-Hilfe NRW dann zu meinem und dem Bedauern der zehn Teilnehmenden Anfang Mai ihr (hoffentlich nur vorläufiges) Ende fand, las ich zum wiederholten Mal an meiner Lieblingsgrundschule „Menschenskinder“ in Schönwalde-Glien aus meinen Kinder- und Jugendbüchern. Am 7. Mai dann ging es in die Stadtbücherei Falkenhagener Feld in Berlin Spandau zu einer 1./2. und dann 6. Klasse, am Tag darauf in die Stadtbücherei Schöneberg, um endlich meine mehrfach verschobene Premiere aus „Einfach nur Noni“ abzuhalten. Und einen Tag später las ich dann auf Einladung der Usher-Gesellschaft aus „Blindfisch“; ein jeweils komplett unterschiedliches Publikum an drei aufeinanderfolgenden Tagen – genau das sind die Nuancen, die meine Arbeit so spannend und abwechslungsreich machen.

Am nächsten Wochenende dann reiste ich mit meiner Liebsten, meinem Freund Stefan und beiden Hunden – seit Ende April haben wir zu unserem mittlerweile vierzehn Jahre alten Luki eine sechsjährige, zwei Kilogramm leichte und sehr lustige Chihuahuahündin namens Elli aus dem Berliner Tierheim dazu aufgenommen – für ein paar Tage ins wunderschöne tschechische Karlsbad.  Für die Thermalbäder hatten wir zwar keine Muße, aber dennoch durchaus erfrischt durch diese Kurzreise ging es dann für mich gleich weiter zur 29. Hildesheimer Kinder- und Jugendbuchwoche, um vor mehreren Schulklassen in Hildesheim und der Schulrat-Habermalz-Schule in Alfeld zu lesen.

Und danach: endlich wieder mal Frankreich, eine Rundreise mit Freundin und Hunden, knapp 3.500 Kilometer in acht Tagen: Berlin – Mosel – Trier – Luxemburg – Ardèche – Camargue – Alpen – Französisches Jura – Breisgau – Schwäbische Alp – Berlin.  Tolle Fahrt, und im Mittelmeer habe ich auch gebadet!

Lesung in Neuendettelsau in der leider von Schließung bedrohten, gut sortierten Campus-Bibliothek
In der Bühlertalhalle in Bühlertann mit der Organisatorin, Lehrerin Angelika Kreidler

Kaum zurück, ging es dann wieder los zu Schullesungen, zunächst am 12. Juni nach Bühlertann in der Hohenlohe, um dort am Schulzentrum für die 5./6. und 9. Klassen der Haupt- und Werkrealschule zu lesen, danach am folgenden Tag ins Laurentius-Gymnasium in Neuendettelsau zu den Klassenstufen 7, 8 und 9, perfekt organisiert von der engagierten Lehrkraft Eva Wutschka . Das waren denkwürdige und schöne Veranstaltungen, die mir viel Freude gemacht haben. Den Schreck über die schlimmen Wahlergebnisse der Europawahl konnten auch sie natürlich nicht mildern, aber es macht Mut, so viele  junge Menschen vor sich sitzen zu sehen, die Interesse daran haben, sich mit auch schwierigen Thematiken auseinanderzusetzen.

In Neudettelsau empfingen mich übrigens gleich ein Dutzend hingebungsvoll gestalteter Plakate zu meinen Jugendbüchern, auf denen ich auch gleich die Bewertung sehen konnte, die sich zwischen 3,5 und 5 Sternen bewegte. Ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis!

Nun aber heißt es durchatmen – bevor am 23. Juni die nächste und letzte Lesung vor der Sommerpause ansteht, diesmal aus „Und wenn schon“ beim  Bahnhofsfest Hangelsberg. Vorher aber bin ich auch noch mit fünf eintägigen Schreibworkshops für je eine Berliner Sekundarschule, eine Förderschule und ein Gymnasium dabei, um für das im September stattfindende Festival „30 Jahre Theater Morgenstern“ mit den Schüler*innen Geschichten zum Thema Kinderrechte zu entwickeln, die dann vom Theater spielerisch umgesetzt werden.

Ende Juli wartet dann der einwöchige Schreibworkshop im Rahmen der Sommerakademie in der niedersächsischen Akademie Waldschlösschen, am 20. August steht eine Lesung in der Stadtbücherei Magdeburg aus „Einfach nur Noni“ an. Und danach springt auch schon wieder die neue Dreimonatsbotin in den Startlöchern … 

Wann dazwischen eigentlich noch Zeit zum Schreiben ist? So gut wie gar nicht. Aber das macht nichts, denn ein neues Buch werde ich nicht vor dem Herbst beginnen – mit Ausnahme des zur Zeit noch in Arbeit befindlichen Bilderbuchs für den Psychiatrie-Verlag, das frühestens im kommenden Jahr erscheinen wird.

Einen schönen Sommer wünscht Karen-Susan Fessel

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Lesungen: 23. Juni, Hangelsberg, Historischer Bahnhof, 12h: „Und wenn schon“ / 20. August, Magdeburg, Stadtbücherei, 19.30h: „Einfach nur Noni“

Online-Workshops: Die nächste Kreativ-Quickies starten am 3. September und 1. Oktober; Informationen und Anmeldung auch für die Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

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Ausgelesen: Tobias Rüther: Herrndorf. Eine Biographie. Rowohlt, Hamburg 2023. // Mit „Tschick“, dem rasanten Roadmovie, stieg der vorher wenig erfolgreiche Maler Wolfgang Herrndorf zum literarisches Superstar und in den Kanon der Jugendliteratur auf, aber mein Interesse weckte er mit seinem postum in Buchform veröffentlichten Blog „Arbeit und Werk“, in dem er nicht nur seine Umwelt portraitierte, sondern vor allem seine persönliche Entwicklung im Laufe seiner Krebserkrankung schilderte. Dem Tod durch Hirntumor kam Herrndorf nur knapp zuvor, indem er sich am Ende selbst das Leben nahm. Rüthers ein wenig detailverliebte Biographie zeichnet das Leben des Malers und Autors präzise nach, stilisiert ihn aber ein wenig zu sehr zum „größten deutschsprachigen Schriftsteller seiner Generation“ hoch. Ob Herrndorf selbst das peinlich gewesen wäre? Oder ob er stolz darauf gewesen wäre? Eigentlich hätte ich erwartet, am Ende einer solch wuchtigen Biografie eine solche Frage beantworten zu können, aber mit diesem letzten Satz in seiner Biographie ist es wie mit der Biographie selbst:  So richtig nahegekommen bin ich dem Autor Herrndorf dadurch eben nicht. // Lucy Clarke: The Hike. Nicht alle kommen zurück. dtv, München 2024 / Mal wieder ein recht spannender Thriller, der in der unwirtlichen Berglandschaft Norwegens spielt: vier alte Freundinnen machen sich auf eine gemeinsame Wanderung. Unerfahren im Hiken, geraten die sehr unterschiedlichen Frauen von einem Missgeschick ins nächste, und plötzlich geht es nicht mehr um ein gemeinsames Vergnügen, sondern um einen Kampf auf Leben und Tod. Und nicht alle kommen wieder zurück … Abgesehen davon, dass mir sehr früh klar war, welche der vier Freundinnen am Ende ums Leben kommen wird, hat mit der gut konstruierte Roman durchaus Spaß gemacht. Solides Thriller-Handwerk und ein spannendes Setting.

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Unter der Lupe: Meine Werke

Nr. 8: Boris Belasko: Einer wie ich (1999)

Fast zeitgleich mit „Ein Stern namens Mama“, meinem bislang erfolgreichsten Buch, erschien im Herbst 1999 ein Experiment: Unter dem Pseudonym Boris Belasko veröffentlichte ich im Berliner Querverlag den erotisch aufgeladenen und mit schwulen Sexszenen versehenen schmalen Roman „Einer wie ich“ – der prompt in der Kategorie „Bestes Buch“ für den Siegessäule Award nominiert wurde. Mein geheimer Plan hatte also bestens funktioniert – ich wollte einfach gern wissen, ob ich auch schwule Literatur schreiben kann; immerhin hatte ich mit „Heuchelmund“ und mehreren Kurzgeschichten bereits bewiesen, dass mir das Schreiben erotischer Literatur bestens liegt.

„Einer wie ich“ erzählt die Geschichte des jungen Arztes Lennart, der von Lust und Sehnsucht getrieben durch die Berliner Nächte geistert und parallel dazu als Arzt für junge Krebspatienten arbeitet. Letzteres nimmt ihn derart mit, dass er seelisch in eine extreme Schieflage gerät und sich fragen muss, ob er seinem Beruf auf Dauer noch gewachsen ist. Und dann trifft er auf einen anderen Mann, der etwas tief in ihm berührt und ihn damit noch mehr durcheinanderbringt. Auf einmal steht alles Kopf …

Die Besprechungen und Rezensionen waren in der Hauptsache positiv, erst im letzten Jahr schrieb ein Leser auf Amazon: „Wahnsinn! Außergewöhnlich. Rauh. grob, hart und doch auch kunstvoll und berührend. Dieses Buch hat mich total geflasht! Total beeindruckt und wirklich berührt. Der Charakter, und somit auch die Sprache, wirken rau, grob und hart. Doch er nimmt seine Umwelt sehr genau war. Und hinter den oft abschätzigen Beobachtungen steckt eine Sensibilität, die im Verlauf der Geschichte immer öfter durchscheint.“

Als der Roman dann auch noch im Frühjahr 2000 für einen weiteren Preis in der schwulen Literaturszene nominiert wird und eine Lesung daraus ansteht, muss ich natürlich gegenüber den Veranstaltern Farbe bekennen. Die reagieren so gar nicht amüsiert, sondern eher verärgert: „Eine Frau hat diesen geilen Roman geschrieben? Frechheit! Das ist aber dreist!“

Zu der Lesung kam es natürlich nicht, und die Nominierung wurde umgehend gecancelt; eigentlich ärgerlich, denn prämiert werden sollte ja nicht ein schwuler Autor, sondern das Buch selbst.

Natürlich kann man als schwuler Leser irritiert sein, wenn man feststellt, dass ausgerechnet eine Frau die eigenen sexuellen Gelüste perfekt beschreiben und literarisch bedienen kann, aber ich finde es nach wie vor eine gelungene Übung – die überdies gezeigt hat, dass es mit einem männlichen Namen offenbar schneller gelingen kann, die Heiligen Hallen der Literaturpreise zu erobern. In jedem Fall aber haben mir der Roman und sein Erfolg bewiesen, dass es mir durchaus möglich ist, über (fast) alles zu schreiben – denn genau das ist ja mein Beruf: mich in andere Figuren hineinzuversetzen, mit denen ich selbst eventuell herzlich wenig gemein habe. Was das angeht, gibt es meiner Überzeugung nach für Schriftsteller*innen keine Grenzen, und damit ist dann auch für mich die in letzter Zeit immer wieder heißdiskutierte Frage beantwortet, ob nicht eigentlich nur Angehörige von Minderheiten über Probleme von Minderheiten schreiben können oder dürfen und alles andere eine Form kultureller Aneignung sei und damit im Grunde ungehörig: Nein. Schriftsteller*innen können und dürfen über alles schreiben, vorausgesetzt, sie machen es gut.

Boris Belasko: Einer wie ich. Roman. Querverlag, Berlin 1999. Nur noch antiquarisch erhältlich.

Karen-Susan Fessels Dreimonatsbotin Nr. 1/2024 // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Hier kommt die erste Ausgabe der Dreimonatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!

Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie je um den 15. des März/Juni/September/Dezember im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!

Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!

Seit Ende Januar bin ich wieder ins aktive Autorinnenleben eingestiegen, gar nicht so einfach nach knapp zehn Monaten  krankheitsbedingter Pause. Aber die Aids-Hilfe NRW als Veranstalter und die ungemein netten Teilnehmer*innen des Schreibworkshops für HIV-Positive in der Akademie Biggesee in Attendorn machten es mir wirklich leicht. So leicht, dass ich unmittelbar danach wieder mit Schwung die neunte Runde  des ebenfalls von der Aidshilfe NRW e.V. veranstalteten wöchentlichen Onlineworkshops eröffnen konnte. Im Laufe der folgenden sechs Wochen entstanden zahlreiche bewegende, spannende, heitere und nachdenklich machende Texte über das Leben mit HIV, von denen es sicher viele in die geplante Buchveröffentlichung zu „40 Jahre HIV und AIDS in Deutschland“ schaffen werden. 

Und dann startete am 25. Februar auch mein Jahresworkshop „Leg los – schreib endlich dein Buch“ mit sieben hochmotivierten Teilnehmer*innen, die ein eigenes Buch-oder Erzählprojekt in Planung oder Arbeit haben. In zehn Zoom-Gruppensitzungen und je zwei Einzelsitzungen werden die Teilnehmer*nnen am Ende des Jahres vielleicht ein fertiges Manuskript in den Händen halten, zumindest aber ihrem Ziel ein gutes Stück nähergekommen sein.

Ins eigene Schreiben bin ich noch nicht wieder gekommen, aber natürlich habe ich einiges in Planung bzw. Arbeit: Zur Zeit arbeite ich an den Exposés für zwei Bilderbücher, die im Psychiatrie-Verlag/Balance Medien erscheinen sollen. Ein Kinder- und ein Jugendbuch sind auch angedacht, und für ein weiteres Buch für Erwachsene mache ich Notizen. Mal sehen, was dann als Erstes geschrieben wird …

Die ersten Schullesungen liegen auch schon wieder hinter mir: vom 5. bis 7. Januar war ich wieder einmal zu Gast in einer meiner Schweizer Lieblingsschulen, dem Schulhaus Spitz in Kloten. Die gesamte 1. Sekundarstufe (die 7. Klassen, umgerechnet auf deutsche Verhältnisse ) hatte sich mit teils extrem fantasiereich gestalteten Plakaten auf die vier Lesungen aus „Und wenn schon!“, „Schattenblicke“ und anderen Büchern vorbereitet; rundum gelungene Veranstaltungen, die mir dann auch den durch den neuerlichen Streik erzwungenen Umstieg von der Bahn aufs Flugzeug versüßten.

Und den Jahresbeginn versüßten mir auch die soeben erschienenen Neuauflagen von „Selina Stummfisch“ und „Nebeltage, Glitzertage“ im Psychiatrie-Verlag, dazu auch die neue , exklusiv für Aldi (!) herausgegebene Sammelbandausgabe meines „???-Kids“-Bandes „Achtung, Katzendiebe“, den ich vor nunmehr zehn Jahren zusammen mit Regina Nössler für den Kosmos-Verlag verfasst habe.

Nun aber stehen neben den weiterlaufenden Online-Workshops gleich 18 Lesungen bis Mitte Juni an, und zwar in Berlin, Schönwalde/Glien, Hildesheim und Neuendettelsau.

Einen in jeder Hinsicht milden Frühling bis dahin wünscht Karen-Susan Fessel

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Lesungen: 19. März, Berlin, Rosa-Luxemburg-Gymnasium/Janusz-Korczak-Bibliothek: „Einfach nur Noni“ / 4. April, Berlin, Seniorenresidenz Katharinenhof: „Mutter zieht aus“ / 25. April, Schönwalde-Glien, Grundschule Menschenskinder: u.a. „Und wenn schon“ / 7. Mai, Berlin, Stadtteilbücherei Falkenhagener Feld: „Frieda Fricke“ / 8. Mai, Berlin, Bibliothek Schöneberg: „Einfach nur Noni“ / 9. Mai, Berlin, Usher-Gesellschaft: „Blindfisch“ / 16./17. Mai, Hildesheim, Kinder- und Jugendbuchwochen: u.a. „Einfach nur Noni“ / 13. Juni, Neuendettelsau, Laurentius-Gymnasium: u.a. „Achtung, Mädchen gesucht!“ 

Online-Workshops: Die nächste Kreativ-Quickies starten am 2. April und 2. Mai; Informationen und Anmeldung auch für die Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare

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Ausgelesen: Verena Stefan: Ein Riss im Stoff des Lebens. Memoir. Nagel und Kimche Verlag, Zürich 20216 // Im Zuge meiner Lymphknotenkrebserkrankung habe ich alle biografischen Berichte zum Thema gelesen, die mir untergekommen sind – dieses hier hat mich mit am meisten beeindruckt und mir Mut gemacht. Dass die Schweizer Autorin im Jahre 2017 an metastasierendem Brustkrebs verstorben ist, vierzehn Jahre nach der Erstdiagnose, hat meine Lesefreude keineswegs geschmälert. Verena Stefan, mit ihrem feministischen Standardwerk „Häutungen“ 1975 bekannt geworden, berichtet in ihrem sehr klugen und bewegenden Erfahrungsbericht mit großer Offenheit von ihrer persönlichen Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit von Gesundheit, Kraft und Körpergefühl. Dass sie ihre Leserschaft daran hat teilhaben lassen, war sicherlich ein enormer Kraftakt, für den ich persönlich ihr dankbar bin. // Ruth Schweikert: Tage wie Hunde. Fischer Taschenbuch, 2023 // Und dies ist das zweite Buch auf meiner Liste beeindruckender Krebs-Biografien: ebenfalls 2023 erschienen, ebenfalls von einer Schweizer Autorin, die ebenfalls an Brustkrebs verstorben ist; unmittelbar leider, bevor ich die Lektüre ihres letzten, gerade erschienenen Romans begonnen habe. Äußerst eindringlich erzählt Schweikert von der schockierenden Diagnose und den darauffolgenden schlaflosen Nächten, der Angst und den Schmerzen, dem verzweifelten Hoffen und Bangen und dem Prozess, sich der eigenen Sterblichkeit rasch annähern zu müssen, weil nicht mehr viel Zeit bleibt, vor allem keine Zeit für Verdrängung. Ein absolut fesselndes Buch, das ich mit Sicherheit schon gern früher gelesen hätte – und allen ans Herz legen möchte.  // Monika Maron: Das Haus. Hoffmann und Campe, Hamburg 2023 //  Eva, alternde Autorin, ergreift eher widerwillig die Chance, in ein großes Haus mit vielen Zimmern zu ziehen, das ihre alte Freundin Katharina geerbt hat und nun zu einem Alterssitz für naturliebende Seelenverwandte machen will. Die bunt zusammengewürfelte Gruppe aus Freigeistern, Künstlerinnen und Pragmatikern aber stößt im Umgang miteinander und dem gemeinsamen Altwerden auf vielerlei Fallgruben, die es mehr oder minder geschickt zu überwinden gilt. Konstrukte und Konzepte werden auf den Prüfstein gestellt, und schließlich steht die Bewohnerschaft erneut vor der existentiellen Frage: Wie, wo und mit wem wollen wir im Alter leben? Maron, mittlerweile 82 Jahre alt, die selbst im hohen Alter noch in ein Haus in der Uckermark gezogen ist, dort aber die Gesellschaft von Hunden der von Menschen vorzieht, hat sich in ihrem sanft dahingleitenden Alterswerk einem höchst spannenden Thema gewidmet, das sicherlich eher für eine Leserschaft jenseits der 50 interessant sein dürfte. Grundlegenden Lebensfragen werden auch hier nicht gelöst, aber kunstvoll literarisch angerissen.

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Unter der Lupe: Meine Werke

Nr. 7: Ein Stern namens Mama (1999)

1998 war ein hartes Jahr für mich – und zugleich das Jahr, in dem ich mein bislang meistverkauftes und erfolgreichstes Buch schrieb:  das Kinderbuch „Ein Stern namens Mama“. Anfang April entdeckte ich in einer Literaturzeitschrift die Ausschreibung zum Astrid-Lindgren-Preis, zu dem ein noch nicht veröffentlichtes Kinderbuch einzuschicken war. Ich nahm es als Fingerzeig, mich endlich des Themas anzunehmen, mit dem ich mich schon seit geraumer Zeit beschäftigte.

Ich kann mich noch genau an die Tage Anfang April erinnern, an denen ich die ersten Seiten schrieb, ohne groß vorher darüber nachgedacht zu haben: erst halb genesen von einer Stirnhöhlenvereiterung, setzte ich mich an meinen Schreibtisch, um wie aus einem Guss die ersten drei Seiten zu tippen. Und dann fiel mir auf, dass ich gleich mehrere Zigaretten hintereinander geraucht hatte, während ich dabei war, die Geschichte der zehnjährigen Louise zu erzählen, deren Mutter an Brustkrebs gestorben ist.

Das fand ich derart unpassend, dass ich die letzte Zigarette ausdrückte und – nach fast zwanzig Jahren als Raucherin – beschloss, dass es jetzt endlich genug damit sei.

Tatsächlich habe ich nie wieder eine Zigarette angerührt. Und während ich in der folgenden Woche immer weiter an „Ein Stern namens Mama“ schrieb – der Titel war mir am ersten Tag eingefallen, und ich bin heute noch froh, dass der Verlag ihn akzeptierte -, kämpfte ich erfolgreich mit dem Drang nach Nikotin. Schließlich rief ich bei meinen Eltern an, um meinem Vater, der selbst jahrzehntelang geraucht und schließlich damit aufgehört hatte, zu berichten, dass ich es endlich geschafft hatte, mit dem Rauchen aufzuhören. Aber das wiederum gelang mir nicht; mein Vater, sagte meine Mutter, fühle sich nicht gut und könne nicht ans Telefon kommen.

Einen weiteren Versuch, ihn zu sprechen, gab es dann nicht mehr; ein paar Tage später lag er bereits im Sterben; ich unterbrach mein Schreiben und reiste in meine Heimatstadt, rechtzeitig genug, um mich in Ruhe von ihm verabschieden zu können.

Danach brach mir der Boden unter den Füßen weg, fast ein halbes Jahr war ich unfähig, abgesehen von meinen Tagebuchnotizen auch nur einen Satz zu schreiben. Erst im Herbst setzte ich mich wieder an das Manuskript, stellte es in einem Rutsch fertig und schickte es ein, gerade noch rechtzeitig vor Einsendeschluss.

Wochen später rief mich Angelika Kutsch, Lektorin des Oetinger-Verlages, an, erklärte mir, dass ich leider nicht den ersten Preis gewonnen habe, aber den zweiten, und fragte mich,  ob ich einverstanden sei, wenn „Ein Stern namens Mama“ im kommenden Programm erschiene. Es sei offenbar ja schon lektoriert, dennoch würde sie es gern noch einmal endlektorieren. Ob das in Ordnung für mich sei?

Und wie in Ordnung das für mich war! Ich hatte das große Los gezogen, so empfand ich es damals – und auch heute noch empfinde ich so. Angelika Kutsch erwies sich als fantastische Lektorin, die leider nach zwei weiteren Büchern den Verlag verließ, mit der ich aber bis heute in Kontakt stehe. Der Verlag Friedrich Oetinger war für mich das Allergrößte, der Astrid-Lindgren-Verlag das Nonplusultra in Sachen Kinderbuch. Unzählige Bücher aus diesem Verlag hatte ich als Kind gelesen und besessen, ein Oetinger-Buch besaß absolute Qualitäts-Garantie, musste einfach gut sein. Und nun würde mein erstes Kinderbuch genau in diesem Verlag erscheinen!

Ich konnte es kaum fassen und spürte zugleich, dass dieser Moment ein entscheidender für meine weitere Karriere als Schriftstellerin sein würde. Von nun an würde ich zweigleisig fahren, Bücher für Erwachsene und Kinder und dann auch Jugendliche schreiben, immer im Wechsel. Ich konnte meine Themen nun auf vielfältige Weise bearbeiten und ausloten – was für ein großes, anspruchsvolles und abwechslungsreiches Vergnügen!

In den folgenden Jahren veröffentlichte ich dreizehn weitere Bücher im Verlag Friedrich Oetinger, aber „Ein Stern namens Mama“ ist bis heute mein wichtigstes Kinderbuch, übersetzt in zahlreiche Sprachen, ein Bestseller in Japan, Schullektüre in China und Taiwan, als Hör- und Theaterstück adaptiert und vielfach aufgeführt. Mehrfach wurden die Filmrechte optioniert, auch als Hollywood ging eine – allerdings dann versandete – Anfrage ein. Fünf verschiedene Ausgaben sind bislang erschienen, die neueste im Psychiatrie-Verlag, der auch das von Heribert Schulmeyer wunderbar illustrierte gleichnamige Bilderbuch veröffentlicht hat.

Ein Stern namens Mama (ab 9)
broschierte Neuausgabe, Psychiatrie Verlag 2021
gebundene Erstausgabe, Oetinger 1999
broschierte Ausgabe, Oetinger 2010
Taschenbuch-Neuausgabe, Oetinger Taschenbuch 2016

So ist „Ein Stern namens Mama“ mein erfolgreichstes Buch und zugleich für immer mit dem Sterben meines eigenen Vaters verknüpft. Dass die Krankheit Krebs, an der Louises fröhliche, liebevolle und eigenwillige Mutter verstirbt, mich im letzten Jahr selbst ereilt hat, könnte man als Ironie der Geschichte bezeichnen. Für mich aber ist all das ein Teil des Lebens; niemand von uns ist davor gefeit, jede*n könnte es treffen, und deshalb ist Krebs auch für uns alle ein potentielles Thema. Und auch das Sterben der eigenen Eltern: unausweichlich, es sei denn, wir sind selbst früher dran.

Bilderbuch, mit Illustrationen von Heribert Schulmeyer. Psychiatrie-Verlag 2018

Was man ansieht, verliert seinen Schrecken. Was man kennt, fürchtet man weniger. Nur das Fremde macht uns Angst. Dagegen hilft unter anderem:  lesen. 

Ein Stern namens Mama. Kinderbuch. Erstausgabe Verlag Friedrich Oetinger 1999; Neuausgabe Psychiatrie Verlag 2021.

Karen-Susan Fessels Neujahrsmonatsbotin // Neuigkeiten aus dem vierten Stock

Liebe Lesende, 
pünktlich zum Jahresende und -beginn eine kurze Monatsbotin aus dem vierten Stock – mit einer Aufklärung und mehreren Ankündigungen!
Meine Auszeit, die Ende April begann, neigt sich nun dem Ende zu. Vielleicht haben es einige schon geahnt: Die Auszeit war nicht freiwillig, sondern krankheitsbedingt. Bereits auf meiner langersehnten Kurzreise nach Lappland Ende Januar bemerkte ich einen stark vergrößerten Lymphknoten in der Achsel, der nicht weichen wollte. Mitte April stellte sich dann heraus, dass ich an einem Follikulären Lymphom, auch Lymphknotenkrebs genannt, erkrankt war. Über den Sommer hinweg folgten Antikörperinfusionen und Bestrahlungen, eine sehr anstrengende Zeit, die aber zu meiner großen Freude und Erleichterung wiederum sehr guten Erfolg brachte. Im Moment erhole ich mich noch, aber Ende Januar werde ich wieder in mein Schriftstellerinnen- und Dozentinnenleben einsteigen. Sicherlich dauerhaft mit weniger Tempo und Belastung als bisher, aber wie immer mit Elan und vielen Ideen!
Reduziert wird aber in Zukunft die Monatsbotin daherkommen, und zwar im Drei-Monats-Rythmus, immer im März, Juni, September und Dezember. Die nächste, dann insgesamt die 109., erscheint also im März 2024; dazwischen aber werde ich anstehende Veranstaltungen auch in loser Folge vorankündigen. Und natürlich sind sie auch weiterhin hier auf meiner Website zu finden!
Also, einsteigen werde ich am 26. Januar mit einem Präsenzschreibworkshop in der Akademie Biggesee für HIV-Positive, veranstaltet von der Aids-Hilfe NRW e.V., gefolgt von zwei je sechswöchigen Online-Workshops, ebenfalls für HIV-Positive (Programm als PDF im Anhang).
Und wer sich nun fragt, wie man mir Gutes tun kann – oder sich selbst oder einer lieben Person, dann habe ich in der Tat eine wunderbare Idee: Bucht doch einfach einen meiner neuen Online-Jahresworkshops! Entweder „Leg los- schreib dein Buch!“ oder aber „Biografisches Schreiben für Frauen jenseits der Lebensmitte“. An jeweils zehn festen, übers Jahr verteilten Terminen könnt ihr gemeinsam mit mir und anderen Schreibfreudigen online an euren Texten arbeiten, dazu gibt es je zwei Einzelcoachings (Programm ebenfalls im Anhang). Eignet sich auch wunderbar als Geschenk oder dafür, das Weihnachtsgeld gut anzulegen … Ich freue mich auf alle Teilnehmenden!
Und aufs neue Jahr, für das ich uns allen vor allem Gesundheit und Frieden wünsche.
Herzliche Grüße also bis zum März, Karen-Susan Fessel

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Nicht in meinem Namen – zum Gazakonflikt

Ich schäme mich für jeden einzelnen Jubelnden auf den Straßen Berlins und Deutschlands, für die Sympathiebekundungen gegenüber des militärischen Flügels der Hamas, auch und gerade über diejenigen, die von queeren Menschen kommen. Ich schäme mich für jedes „Ja, aber Israel …“, was ich höre und lese. Und ich schäme mich über das feige Schweigen der Linken und auch den darin zum Ausdruck kommenden latenten Antisemitismus.
Nichts davon geschieht in meinem Namen.
Der Terror, den die Hamas verbreitet, ist durch nichts zu rechtfertigen. Frieden wird durch Mord und Geiselnahmen niemals erreicht, nur Angst, Leid und potenzierter Schrecken.
Ist möglicherweise ein Bild von Text

 

Die Monatsbotin nimmt sich eine Auszeit

Vielleicht ist es der werten Leserschaft schon aufgefallen: Die Monatsbotin Nr. 107, Ausgabe Mai, ist bislang nicht erschienen. Und sie wird auch noch weiterhin auf sich warten lassen, denn nach 106 Ausgaben nimmt sie sich eine dringend nötige Auszeit.

Die nächste Ausgabe Nr. 107 wird Anfang 2024 erscheinen. Und wem die Durststrecke gar zu lang erscheint: Einfach das eine oder andere meiner 44 Bücher (noch einmal) lesen! Und dann natürlich Buch Nr. 45, letzten Monat im Berliner Querverlag erschienen: „Einfach nur Noni„.

Einen schönen Sommer wünscht Karen-Susan Fessel