Hier kommt die achtzigste Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!
Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie Monat für Monat im virtuellen Briefkasten … Wer lieber Ruhe wünscht, desgleichen!
Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!
Was war?
Ein zum Glück lange nicht so brütend heißer Juli wie die letzten beiden – und nach drei Monaten Ruhe im Terminkalender erstmals wieder zwei Veranstaltungen, die nicht online stattfanden oder ausfielen. Während alle Lesungen als Folge der Corona-Epidemie weiterhin gestrichen blieben, setzte sich die gute alte Sommerakademie Waldschlösschen nahe Göttingen mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept schließlich bei den Gesundheitsbehörden durch und konnte so den Betrieb wieder aufnehmen. Die Durststrecke dazwischen übrigens überstand die Akademie nur dank der zahlreichen Spenden von Unterstützer*innen vorrangig aus der schwulen Welt; eines der vielen Zeichen von Solidarität, die diese merkwürdigen Zeiten erfreulicherweise hervorgebracht haben.
So konnte ich dann gleich zweimal ins Waldschlösschen nahe Göttingen reisen, um zunächst beim 204. Bundespositiventreffen (veranstaltet vom Waldschlösschen, der DAH und dem Verein Positiv e.V.) mit einem knappen Dutzend Teilnehmer*innen an kurzen Texten zu arbeiten, die auch, aber nicht nur die eigene HIV-Infektion und ihre Folgen zum Thema hatten. Die strengen Hygieneregeln – Maskenpflicht bei jedem Gang, Einbahnstraßenverkehr, Abstandhalten und Essen nur an Einzeltischen – waren zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig und irritierend, aber da alle sich ausnahmslos daran hielten, schnell „normal“ und dann auch kaum noch störend.
Auch bei der „Sommerakademie“ in der letzten Juliwoche, bei der ich zum elften Mal das Vergnügen hatte, einen Schreibworkshop anzubieten, ließ sich das Hygienekonzept gut umsetzen. Zwar hieß das, auch bei kühlem Morgenwetter in kurzen Abständen für Durchzug zu sorgen, aber meine 15 Teilnehmer*innen schalten dahingegen ganz und gar nicht auf Durchzug, sondern waren höchst konzentriert bei der Sache. So entstand bei beiden Schreibworkshops eine Vielzahl an bewegenden, spannenden, heiteren und interessanten Texten, auch mehrere Langzeitprojekte wurden weiterbearbeitet. Es besteht durchaus die Hoffnung, dass der eine oder andere Roman dabei herausspringen wird.
Diese Hoffnung habe ich auch bei einigen meiner gerade in Arbeit befindlichen Lektorate. Offenbar nutzen doch einige Menschen die Gelegenheit, sich in der erzwungenen Corona-Entschleunigung an ein eigenes Buch zu setzen. Mich freut das sehr, und so habe ich zur Zeit gleich fünf vielversprechende Projekte im Lektorat; in diesen veranstaltungsmageren Zeiten natürlich auch finanziell eine erfreuliche Sache.
Und was kommt?
Die Exposés für die (mittlerweile drei) neuen Jugendbuchideen sind fertig und müssen nun ihren Weg an einen Verlag finden, das in Arbeit befindliche Bilderbuch aber liegt noch auf dem Tisch, genau wie das spezielle Schulbuchprojekt. Und dann ist ja auch noch die Frage offen, wie mein neuer Roman In die Welt, der mit seinem Erscheinen Anfang März punktgenau ins Corona-Loch fiel, doch noch vermehrt unter die Leute gebracht werden kann. Wer mir eine Lesung damit vermitteln kann, bekommt ein signiertes Exemplar als Dankeschön vorab zugeschickt!
Und wer sich jetzt noch rasch jeweils als Erste/*r für den am 3. August oder am 3. September beginnenden neuen anmeldet, erhält ein signiertes Exemplar meines soeben in die zweite Auflage gegangenen Bilderbuchs Selina Stummfisch, illustriert von Rosa Linke. Also, auf geht’s!
Einen entspannenden August wünscht Karen-Susan Fessel
Online Workshops: Die nächsten Kreativ-Quickies starten am 3. August und am 3. September; Informationen und Anmeldung auch für die neuen Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ und das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare
Ausgelesen: Leena Lehtolainen: Sag mir, wo die Mädchen sind. Rowohlt, Reinbek 2012 / Sie schreibt einfach gut und spannend, die finnische Krimiautorin Lehtolainen. Auch in ihrem elften Band um die bodenständige Ermittlerin Maria Kallio habe ich wieder zahlreiche bemerkenswerte Details aus dem finnischen Alltag gefunden, die mir nicht nur die spannende Geschichte um das Verschwinden dreier junger Frauen mit Migrationshintergrund erhellen, sondern auch das gesellschaftliche Miteinander in dem mir noch unbekannten skandinavischen Land mit seiner überaus rätselhaften Sprache … // Eivind Hofstad Evjemo: Vater, Mutter, Kim. Wien, Luftschaft Verlag 2019 / Ebenfalls aus Skandinavien stammt der Autor dieses äußerst eindringlichen Romans über die Trauer um einen verschwundenen Adoptivsohn, allerdings aus Norwegen. Aber was es mit Kim, dem Kind der beiden Hauptpersonen Sella und Arild, auf sich hat und warum er nicht mehr da ist, das rollt der junge Autor erst nach und nach in seinem bemerkenswerten Werk auf. Zunächst begleiten wir Sella dabei, wie sie damit ringt, ihr Mitgefühl für die auf Utøya getötete Nachbarstochter angemessen auszudrücken. Warum sie sich damit derart schwertut, wird in der Reflexion ihres Lebens mit Kim deutlich, an dessen Existenz nun eine gewaltige Leerstelle getreten ist, die alle Freude zu verschlingen droht. Hofstad Evjemo erweist sich in seinem dritten Buch, dem ersten auf deutsch erschienenen, als ein sehr genauer, mitfühlender Beobachter innerer Prozesse, die mich noch lange nach der Lektüre beschäftigt haben.