Hier kommt die einundvierzigste Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!
Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen: Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie Monat für Monat im virtuellen Briefkasten …
Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!
Was war?
Ein sehr kurzer, arbeitsreicher Monat liegt hinter mir – zunächst einmal angefüllt mit einigen Lektoraten. Das bedeutet, dass ich Texte von anderen (angehenden) Autoren unter die Lupe nehme, genau lese und im Hinblick auf Struktur, Sprache und Inhalt analysiere und dann mit Empfehlungen, Fragen und Verbesserungsvorschlägen versehe. Gerade die konzeptionelle und strukturelle Arbeit an nicht-eigenen Texten macht mir immer besonders viel Spaß, da ich daran selbst auch meine Wahrnehmungsfähigkeit immer wieder neu schärfen kann. Manchmal krankt ein nicht gut lesbares Buch vorrangig am Aufbau, und wenn der passend umgestellt ist, liest sich das ganze Werk manchmal viel flüssiger und klarer.
Der Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat besteht übrigens darin, dass Letzteres nur darauf abzielt, orthographische Fehler und Ähnliches zu finden und zu verbessern. Damit habe ich mir früher, vor vielen Jahren, zeitweilig mein Studium mitfinanziert – eine anstrengende, weil hochkonzentriete Tätigkeit, die aber trotzdem viel Spaß gemacht hat. Auch heute noch werden Bücher von wirklichen Menschen korrekturgelesen, nicht von Rechtschreibprogrammen, wie manche Leute glauben. Und eigene Texte kann man grundsätzlich nicht selbst ordentlich korrekturlesen, weil unser Hirn uns vorgaukelt, dass wir das vor uns sehen, was wir hatten schreiben wollen – nicht das, was wir wirklich geschrieben haben.
So, das als kleiner Exkurs; zurück zum Monat Februar, in dem ich dann nicht für zehn Tage, aber immerhin sieben in Klausur ging, und zwar im heimatlichen Meppen an der Ems, wo ich mich eingehend mit meinen Plänen und Ideen für dieses und das kommende Jahr befasste (und zwischendurch mein dort lebendes Mütterlein besuchte). Und da steht einiges an, aber nun kommt mir leider mein kleiner Aberglaube dazwischen, der mir einflötet, nicht über noch nicht ausgegorene Pläne zu sprechen – so kann ich also doch noch nicht genau berichten, was in diesem Jahr an Schreibarbeit ansteht. Aber das dürfte sich in der nächsten Monatsbotin schon anders darstellen. Ein bisschen Geduld also bitte noch!
Ein ganz neues Buch aber lag in diesem so wechselhaften Monat Februar dann endlich für mich in der Post: „Frieda Fricke, unmöglich!„, mein neues Kinderbuch ab 8 Jahren, soeben erschienen im Kosmos-Verlag.
Darin geht es um freche Mädchen, segelohrige Jungs, tüdelige Tanten, alte Kühe, die dringend ein Altersheim brauchen, aber nicht nur die …. Der Roman spielt in meiner alten Heimat Schleswig-Holstein, genau gesagt, in Wewelsfleth, wo ich zweimal das Vergnügen hatte, dank des Alfred-Döblin-Stipendiums in Günter Grass‘ ehemaliger Wirkungsstätte an meinen Büchern zu arbeiten. Die damalige Haushaltshilfe Lore R. wiederum, mit der ich seit 1997 Briefkontakt halte, lebte in einem sogenannten Husmannshus, einem riesigen alten Gutshof mit Reetdach und Lehmfußboden. In dem aus zwei solchen Häusern und zwei Schuppen bestehenden Ensemble am Außendeich Nr. 4 wurde seinerzeit Theodor Storms „Schimmelreiter“ gedreht, in „Frieda Fricke“ ist es nun Frieda, die dort mit ihren beiden Tanten, Hund Lupo und sechs alten Milchkühen wohnt. Leider ist das gesamte denkmalgeschützte Ensemble vor einigen Jahren abgebrannt; nur noch eine Tafel erinnert an diese geschichtsträchtigen Gebäude. Und „Frieda Fricke“ natürlich!
Und was kommt?
Als nächstes ein ganz besonderer Schreibworkshop: Vom 3. bis zum 5. März leite ich auf Einladung der Stiftung „Lola für Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern“ in Büttelkow unweit der mecklenburgischen Ostseeküste den Workshop „un_sichtbar – queere Geschichte(n) aufgeschrieben!“, in dem das queere Leben in Mecklenburg-Vorpommern thematisiert werden wird. 15 Teilnehmer*innen – fast zweimal soviele hatten sich dafür anmelden wollen – werden dabei Texte verfassen, die das eigene Erleben in den Vordergrund stellen. Daraus wird dann später eine Broschüre entstehen – und die Texte werden auch teils in eine geplante Wanderausstellung zum Thema un_sichtbar: Lesben, Schwule und Trans* in Mecklenburg-Vorpommern – Lebensrealitäten, Ausgrenzungserfahrungen und Widerständigkeiten Einlass finden.
Danach geht es wiederum an das Lektorat dieser und anderer Texte. Aber lesen werde ich auch: am 21. März in der Janusz-Korczak-Bibliothek Pankow aus „Liebe macht Anders“ und am 25. und 26. März auf der Leipziger Messe – aus „Frieda Fricke, unmöglich!“
Einen sonnigen März wünscht Karen-Susan Fessel!
Öffentliche Termine im März: 25. März, 16h und 26. März, 15h, Messe Leipzig, Lesebude 1, Halle 2, Stand G317/H310: Lesungen aus „Frieda Fricke, unmöglich!“
Onlineworkshops: Die neuen Kreativ-Quickies starten am 6. März und 2. Mai – Informationen und Anmeldung auch für die weiteren Workshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ sowie Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare
Ausgelesen: Don Winslow: Missing. New York / Ein hochgradig spannender Krimi des altgedienten Autoren, von dem ich noch nie zuvor etwas gelesen habe. Sehr dialoglastig, aber die Geschichte um ein entführtes Kind hat mich derartig gefesselt, dass ich das Buch im wahrsten Sinne des Wortes kaum aus der Hand legen konnte. // James Salter: Alles, was ist / Von Salten hingegen hatte ich schon zwei Bücher mit Begeisterung gelesen, vor allem die wunderbar feine Sprache in „In der der Wand“ hat mich begeistert. Umso enttäuschter bin ich nun von seinem vielgerühmten Alterswerk. Auf 368 Seiten breitet der Autor zahllose dahinplätschernde angerissene Biografien aus, folgt seinen Figuren beliebig und beliebig lang, jede neue auftauchende Person wird ein bisschen beschnüffelt und dann wieder stehengelassen. Über die Wahllosigkeit in der Perspektive habe ich mich richtiggehend geärgert. Der Roman ist weniger ein Roman als eine schwatzhafte Aneinanderreihung von Biografiefetzen und hinterlässt bei mir den Eindruck, der Autor habe sich spontan irgendwelchen Einfällen hingegeben, ohne sie wirklich zu durchdenken: „Ach, zu der Person fällt mir jetzt dies ein, zu der nächsten eben mal das …“ Ein radikales Alterswerk, wie in jeder zweiten Rezension begeistert zu lesen war? Radikal ärgerlich. // Donald Ray Pollock: Das Handwerk des Teufels / Richtig erfreulich hingegen diese Neuentdeckung für mich: Pollock erzählt wirklich in radikal schonungsloser Prosa vom White Trash Amerikas. Kein Krimi, wie der Titel vermuten lässt, sondern ein soghafte Geschichte über eine Welt, die ich liebend gern für erfunden halten würde, von der ich aber vermute, dass es sie leider tatsächlich gibt. // Donald Ray Pollock: Knockemstiff / Also las ich gleich noch den hochgelobten Erstling Pollocks hinterher, der sich aber als Ansammlung von teils leider zu überspitzt und dadurch unglaubwürdig konstruierten Erzählungen erweist. Hier übertreibt es der Autor mit seiner Fabulierkunst deutlich; sein Erzähltalent blitzt jedoch schon deutlich auf. Wie schön, dass manche Autoren sich nicht als Eintagsfliege erweisen, sondern weiterentwickeln. Deshalb freue ich mich schon auf den eben auf deutsch erschienenen dritten Roman Pollocks, der schon auf meinem Nachttisch bereit liegt …
Liebe Karen-Susan
Du schreibst:
Frieda, die dort mit ihren beiden Tanten, Hund Lupo und sechs alte Milchkühen wohnt.
müsste das nicht so sein:
„““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““““und sechs alten Milchkühen wohnt.
Ganz recht, lieber Rudolf, vielen Dank für den Hinweis, habe ich gleich korrigiert!