Hier kommt die einundsechzigste Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!
Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie Monat für Monat im virtuellen Briefkasten …
Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!
Was war?
Ein extrem reisefreudiger Monat mit vielen, vielen Veranstaltungen. Der November ist ja stets DIE Lesungs-Hochzeit, für diesen Monat werden die meisten Autor*innen bereits lange im voraus gebucht, denn in zahlreichen Städten finden stets im November jährliche Lesewochen und Lesetage statt. Warum ausgerechnet im November, weiß ich nicht so recht, vermutlich, weil es langsam dunkler und kälter wird und das Lesen sich zur Einstimmung auf die dunkle Jahreszeit empfiehlt.
Meine diesjährigen Novemberveranstaltungen hatten aber allesamt nichts mit etwaigen Lesewochen zu tun, sondern es handelte sich um lauter Einzelveranstaltungen – und sehr interessanten noch dazu. Den Anfang machte meine Lesung aus „Mutter zieht aus“ am 7. November im schleswig-holsteinischen Neumünster, wo eine recht ansehnliche Zahl von Zuhörenden sich danach noch in eine rege Diskussion vertiefte – was bei den Lesungen aus diesem Buch fast schon der Regelfall ist. So auch drei Tage später im Berliner Eisenherz Buchladen, wo ich im Rahmen des „Lsebischen Literatursalons“ zudem aus der neuen Taschenbucherscheinung „Liebe macht Anders“ vorlas.
Zwei Tage später dann hatte ich im Regenbogencafé Falkensee das Vergnügen, vor einer bunten Zuhörerschar im Alter zwischen vier und vierundsechzig einen ebenso bunten Querschnitt meiner Bücher zu präsentieren: Auszüge aus „Frieda Fricke“ für die Kleineren, „Liebe macht Anders“ und „Steingesicht“ für die Mittleren und „Bilder von ihr“ und „Mutter zieht aus“ für die Älteren.
Auch in der Leselounge der Universität Hildesheim am 14. November zeigte sich die Zuhörerschaft altersmäßig sehr gemischt, sodass ich auch hier – neben „Mutter zieht aus“ – spontan einige Bücher auch für Teenager vorstellte. Der jüngste Fan aus Hildesheim war leider dann doch zu jung für die Lesung, aber zum Trost tauschte ich mit Eliot Paul (9) dann vorab unsere Werke: „Die drei ??? Kids – Achtung Katzendiebe!“ für ihn, während ich von ihm wiederum eine signierte Ausgabe von „Fip und Kicki und die verzauberten Tiere“ überreicht bekam. Ja, so ähnlich habe ich früher auch angefangen, wer weiß, was wir von dem jungen Hildesheimer noch zu lesen bekommen …
Ziemlich junge Leute (und eine auch noch gar nicht so alte Deutschlehrerin) waren dann auch bei meiner Lesung am 16. November in Berlins erstem queeren Jugendzentrum dabei, bei der ich auf Einladung vom Jugendnetzwerk Lambda e.V. „Liebe macht Anders“ und andere Jugendbücher mit queerem Personal vorstellte, genau wie drei Tage später im erstaunlich großen Bielefelder Jugendzentrum „begin“.
Am darauffolgendenTag dann aber begann eine besonders spannende Aufgabe für mich: Im Rahmen meines Aufenthaltes als Bielefelder „Poet in Residence“ hatte ich das große Vergnügen, an die dreißig überaus interessierte Studierende der Fakultät für Literaturwissenschaften und Linguistik an drei Tagen während eines Blockseminars zu unterrichten – über meine eigene Arbeit als Kinder- und Jugendbuchautorin und diverse werkimmanente Aspekte. Das machte mir großen Spaß, was nicht zuletzt auch an der wunderbaren, engmaschigen Betreuung durch Prof. Dr. Petra Josting lag. Den krönenden Abschluss bildete dann die zentrale Lesung, eine Werkschau, während der jährlichen Lesenacht vor knapp dreihundert Zuhörenden, gefolgt von zwei weiteren Lesungen am folgenden Morgen, bei denen zunächst ebensoviele Drittklässler Frieda Frickes Abenteuern lauschten und hinterher zahlreiche Fragen stellten. Bei der zweiten Lesung waren es dann gut zweihundertfünfzig Achtklässler, die sich konzentriert auf „Alles ist echt“ einließen und kaum weniger Fragen hatten. Alles in allem eine sehr spannende, anregende, dabei auch höchst intensive Woche – die noch einen späten Nachhall finden wird, denn im kommenden Winter wird eine von den Studierenden erarbeitete Monografie über all die angesprochenen Themen in meinen Büchern und meine Arbeit als Kinder- und Jugendbuchautorin erscheinen. Auf die ich mich ungemein freue!
Damit war der November aber noch nicht vorbei: Am 26. erfreute ich wie alljährlich die Sechstklässler der Berliner Lenau-Schule mit einer Lesung, um zwei Tage später bei der Lübecker Jugendgruppe von Lambda e.V. „Steingesicht“, „Jenny mit O“ und „Liebe macht Anders“ zu präsentieren. Und am nächsten Tag dann packte ich Hund Luki ins Auto, um ganz nach Süden, nach Mühldorf am Inn in Oberbayern zu reisen. Ein knappes Dutzend hauptamtlicher Mitarbeiter*innen des St- Anna-Hospiz-Vereins hatte sich im lichten, großen Dachgeschoss des örtlichen Pflegeheims versammelt, um unter meiner Leitung Texte über ihre wichtige und oftmals sehr belastende, aber auch sehr erfüllende Arbeit zu schreiben und daran bis hin zur Druckreife zu feilen.
Ein sehr bewegender und schöner Abschluss dieses kräftezehrenden, aber ebenfalls sehr erfüllenden Monats!
Und was kommt?
Endlich mein Lieblings- und Geburtstagsmonat, der Dezember! In dem ich mich erstmal ein wenig erholen muss von den zurückligenden Reisen, aber dann geht es natürlich weiter mit der Arbeit am neuen Roman ab Seite 64 …
Einen gemütlichen Dezember wünscht Karen-Susan Fessel!
Öffentliche Termine im Dezember: 12. Dezember, Bezirkszentralbiblio
Online Workshops: Die neuen Onlineworkshops „Mein Buch“ und „Biografisches Schreiben“ starten am 3. Dezember und 7. Januar, der nächste Kreativ-Quickie beginnt am 7. Januar; Informationen und Anmeldung auch für das Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare
Ausgelesen: Joan Didion: Blaue Stunden / Didion gilt als eine der größten amerikanischen Autorinnen, elegant und intellektuell. Letzteres stimmt mit Sicherheit, doch ist Didions von Trauer getränkte Erinnerung an ihre verstorbene Adoptivtochter weitaus einfacher zu lesen, als ich bei all den ehrfürchtigen Huldigungen im deutschen Feuilleton vermutet hätte. Die Welt der Autorin ist eine extravagante, reiche, fremde, sie lebt im Luxus und Überfluss, und ich weiß bis zur letzten Seite nicht, ob es daran liegt, dass mich ihre gestochenen Einlassungen und Nachdenklichkeiten nicht wirklich bewegen. //Barbara Vine: Aus der Welt / Zur Hand genommen habe ich diesen relativ neuen Roman der britischen Bestsellerautorin eigentlich nur, weil er den Titel trägt, den ich mir für meinen eigenen neuen Roman ausgesucht hatte – und der damit natürlich bereits vergeben ist. Aber Vines detaillierte Studie einer dysfunktionalen, einstmals reichen Oberschichtsfamilie auf dem platten Lande in den Sechziger Jahren, deren unausgesprochene Probleme in einem Desaster enden, hat mich dann doch gepackt. Vine, Pseudonym der ebenso erfolgreichen Autorin Ruth Rendell, glänzt hier mit anhaltendem Spannungsaufbau und feinen Psychogrammen; auch wenn das Ende dann ein wenig mager daherkommt. // Stephan Harbort: Wenn Kinder töten / In einer Bahnhofsbuchhandlung erworben und in einem Rutsch durchgelesen: Harborts schnörkellose Beschreibung der Taten Unter-14-Jähriger wirkt von der ersten bis zur letzten Seite ernüchternd und beklemmend. Und lässt mich ratlos, aber sehr nachdenklich zurück.