Hier kommt die zweiundfünfzigste Ausgabe der Monatsbotin von Karen-Susan Fessel – mit Notizen, Gedanken und Terminen vom Schreibtisch aus dem vierten Stock in Berlin-Kreuzberg!
Wem sie gefällt: liebend gern weiterempfehlen! Eine kurze Mail mit dem Hinweis „Monatsbotin gewünscht“ an kontakt@karen-susan-fessel.de – und schon liegt sie Monat für Monat im virtuellen Briefkasten …
Viel Spaß beim Lesen wünscht Karen-Susan Fessel!
Was war?
… ein tatsächlich arbeitsintensiver Januar liegt hinter mir. Nicht nur die neuen Online-Workshops haben angefangen, sondern mehrere Texte waren zu schreiben: Zunächst mein Herzensprojekt, zwei aktualisierte Kurzgeschichten mit dem Thema „Wie kläre ich mein Kind darüber auf, dass ich HIV-positiv bin?“ für die Deutsche Aids-Hilfe. Die Texte sind als Einleger für die aktualisierte Broschüre zum selbigen Thema gedacht, und mir hat es großen Spaß gemacht, einerseits eine Geschichte für 6-10-Jährige, andererseits für 11-16-Jährige zu entwickeln und beide dann motivisch miteinander zu verbinden.
Ein ganzes Kinderbuch zum Thema allerdings, das habe ich anhand diverser Nachfragen dann feststellen müssen, ist bei einem Kinder- und Jugendbuchverlag offenbar nicht unterzubringen, da die Zielgruppe als zu gering erscheint. Zu schade – aber noch habe ich meine Idee nicht ad acta gelegt …
… genausowenig wie die Acquise für Lesungen aus meinem in diesem Monat erscheinenden Buch „Mutter zieht aus“ Cover Mutter zieht aus“ (konkursbuch Verlag Claudia Gehrke). Zehn Lesungen stehen mittlerweile fest, ein Dutzend weitere sind noch in Planung, in Berlin allerdings ist noch kein geeigneter (Premieren-)ort gefunden. Aber weil es gar so schön ist, hier noch einmal das Cover – mit einem Originalfoto aus dem Jahre 1961. Rechts im Bild: meine Mutter Anke Fessel, damals 24 Jahre jung und frischgebackene Mutter meines großen Bruders, ihres Erstgeborenen, der im Kinderwagen (links im Bild) liegt. Das Originalfoto, von meinem Vater fotografiert, ist übrigens schwarzweiß, nachkoloriert wurde es höchstpersönlich von meiner umtriebigen Verlegerin Claudia Gehrke. Deren Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sich wiederum angelegentlich um Lesungen kümmert und mir in letzter Minute noch einen Leseslot auf der Leipziger Buchmesse besorgen konnte.
Auf meinen letzten Aufruf in der Januar-Monatsbotin gab es gleich einige gute Tipps, aber noch hat keiner zum Erfolg geführt, deshalb hier noch einmal: Wer mir übrigens eine Buchhandlung oder einen Veranstalter vermitteln kann, in der oder durch den dann tatsächlich eine Lesung stattfinden wird, bekommt direkt nach Erscheinen im Februar 2018 ein handsigniertes Exemplar zugeschickt. Also nur her mit den Tipps!
Und was war noch? Eine höchst erfreuliche Nachricht: Im November werde ich als „Poet in Residence“ an die Uni Bielefeld berufen und damit ein Blockseminar für Studierende, eine öffentliche Lesung und zwei Schullesungen halten und im Juni darauf bei den Paderborner Kinderliteraturtagen zu Gast sein. Nicht nur ist mir diese Ehre eine besondere Freude, weil ich damit die Nachfolge so bedeutsamer zeitgenössischer AutorInnen wie Paul Maar, Kirsten Boie, Klaus Kordon und Anja Tuckermann antreten darf, sondern auch, weil in der Folge stets ein eigener Sammelband über den jeweiligen Poeten herausgegeben wird, was mich ungemein freut.
Ja, und die Arbeit an meinem neuen Buch, das im Frühjahr 2019 erscheinen soll, hat begonnen – das heißt, immer noch die Vorarbeit, die im Sichten, Eintippen und Vorsortieren der vielen handgeschriebenen Notizen aus den letzten eineinhalb Jahren besteht.
Und was kommt?
Als nächstes folgt dann die genauere Einteilung in Kapitel und Teile, was sicherlich auch noch einige Wochen in Anspruch nehmen wird. Die Vorarbeit zu einem „großen“ Roman, der einige hundert Seiten umfassen wird, dauert immer eine ganze Weile, und ich muss auch noch viel darüber nachdenken. Spätestens im März werde ich dann mit dem kontinuierlichen Schreiben beginnen, bis zum Jahresende soll der Roman dann fertig sein, damit er im Frühjahr 2019 – ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant – erscheinen kann.
Damit habe ich reichlich zu tun – außerdem steht auch noch im Februar eine einwöchige Studienfahrt nach Israel an, auf die ich mich seit Jahren freue und vorbereitet habe. Es bleibt also spannend …
Einen anregenden Februar wünscht Karen-Susan Fessel!
Onlineworkshops: Die nächsten Onlineworkshops „Kreativ-Quickie“ und „Biografisches Schreiben“ starten am 5. März und 3. April – Informationen und Anmeldung auch für die weiteren Workshops sowie Einzelcoaching unter www.karen-susan-fessel.de/seminare
Ausgelesen: Ijoma Mangold: Das deutsche Krokodil. Meine Geschichte“ / Ein merkwürdiges Buch: Die hochgelobte Autobiografie des bekannten Literaturkritikers, Sohn einer Deutschen und eines Nigerianers, hat mich nicht recht berührt. Der erste Teil kommt als intellektuell angelegter Miniroman in personaler Erzählperspektive daher, dann wechselt Mangold, als wäre ihm die Puste ausgegangen, in die Ich-Perspektive und schildert seine Jugend in Heidelberg, seine wenigen Erfahrungen mit unverstecktem Rassismus und seine distanzierte Beschäftigung zu seiner afrikanischen Familie, mit der er im Grunde wenig anfangen kann. Mangold schildert die patriarchalischen Machtverhältnisse ohne jegliche auch nur leise Kritik daran, sondern wie naturgegebene Tatsachen. Bei einem sonst so kritischen Geist wie ihm ist mir das übel aufgestoßen. // Susanne Mayer: Die Kunst, stilvoll älter zu werden. Erfahrungen aus der Vintage-Zone / Tja, warum habe ich mich über dieses Buch eigentlich geärgert? Der Titel sagt doch eigentlich alles. Um stilvolles Altern als gutsituierte Frau, Mitglied oder Möchte-Gern-Mitglied der oberen Zehntausend geht es, darum, auch jenseits der 60 noch attraktiv zu wirken, nicht aus der Rolle zu fallen und stets die Haltung zu bewahren. Dieses Zielpublikum mag sich bei der Lektüre im Cocktailsessel zurücklehnen und gepflegt schmunzeln, natürlich mit der behandschuhten Hand. Für alle anderen bietet das Werk keinerlei Erkenntnisgewinn. // iO Tillett Wright: Darling Days. Mein Leben zwischen den Geschlechtern / Nein, meiner Ansicht nach ist dies kein Buch über Genderfragen, höchstens am Rande. Wrights akribisches Protokoll einer schwierigen Kindheit und Jugend in New York sehe ich als das alarmierende Portrait einer Kindesverwahrlosung mit Ansage unter dem Deckmantel des libertinären Künstlertums, ignoriert und übersehen von Verwandten, Bekannten, Freunden. Wright schildert das Leben mit einer amphetaminsüchtigen und psychisch kranken Mutter, und die Entscheidung der Siebenjährigen, fortan als Junge leben zu wollen – die er mit 13 dann wieder revidiert -, begreife ich als einen Hilfeschrei und den einsamen Versuch, wenigstens in einer Hinsicht nicht das allerschwächste Glied zu sein. Wie kaum ein anderes Buch hat dieses mich wütend gemacht, aber nicht nur wegen des geschilderten Martyriums, sondern auch wegen der Vermarktungsstrategie. Solange solche Werke romantisierend verklärt als Genderbooks angepriesen werden, wird das Wegsehen gefördert. Wer verklärt, sieht nicht wirklich hin. Und genau das wäre bitter nötig, auch heute, auch in unserer nächsten Umgebung. // Alex Gino: George / Da passte die nächste Lektüre ja perfekt: Das erste Kinderbuch über einen transidentischen Jungen, ebenfalls aus dem amerikanischen Englisch ins Deutsche übersetzt, hat mich allerdings auch nicht ganz überzeugt. Was nicht am gut aufbereiteten Thema liegt – George fühlt sich als Mädchen und tritt mit Hilfe seiner besten Freundin Kelly dann auch als ein solches auf, allerdings nur in einem Theaterstück und bei einem Zoobesuch -, sondern am leicht drögen Erzählstil. Und die wichtige Frage, wie denn am Ende der geschiedene Vater reagiert und wie es nun weitergehen soll jenseits der Fantasiewelten, die bleibt leider komplett unbeantwortet.